Stellungnahme Planentwurf 6778E, Wieden: Argentinierstraße, Goldeggasse, 30.5.2014

Stellungnahme zum Entwurf Flächenwidmungs- und Bebauungsplan Nr. 6778E, Kat.G. Wieden, 1040 Wien

Für das Gebiet zwischen Argentinierstraße, Goldeggasse, Mommsengasse und Weyringergasse

Der Verein Initiative Denkmalschutz gibt folgende Stellungnahme ab:

Einleitung: Zur Gewährleistung des Bestandes der historisch erhaltenswerten Bauten im Plangebiet wird vorgeschlagen – neben der Festsetzung einer Schutzzone – für diese sowohl die Höhenwidmung als auch die bebaubare Fläche exakt dem historischen Bestand anzugleichen. Ebenso wird empfohlen die Anzahl der Hauptgeschoße in einer besonderen Bestimmung (“BB”) gemäß dem Bestand festzuschreiben. Dadurch wird am ehesten der Anreiz für Abbruch und Neubau vermieden. Anmerkung: Da in den gültigen Flächenwidmungs- und Bebauungsplänen sowie im aktuellen Planentwurf keine Bestandshöhen angegeben sind, kann in dieser Stellungnahme nur auf augenfällige Differenzen zwischen Bestandshöhe und Widmungshöhe hingewiesen werden.

Gefährdete Bauten: Da kein Objekt im Plangebiet unter Denkmalschutz steht (mit Ausnahme Weyringergasse 16-18) und eine Schutzzone im Plangebiet derzeit fehlt und auch im aktuellen Planentwurf nicht vorgesehen ist, sind alle historischen Bauten im Plangebiet im Bestand gefährdet, da sie rein rechtlich in Bezug auf die Altstadterhaltung problemlos abgerissen werden könnten.
(Anmerkung: Und auch der Gemeindebau Weyringergasse 16-18 ist “nur” vermutlich denkmalschutzwürdig (gemäß § 2a Denkmalschutzgesetz), eine abschließende Prüfung über die Schutzwürdigkeit fehlt)

Es muss erstaunen, dass im aktuellen Planentwurf keine einzige Schutzzonenwidmung vorgesehen ist, zumal die Stadt Wien 1996 das gesamte(!) Plangebiet als „mit hoher Wahrscheinlichkeit schutzwürdig“ ausgewiesen hat (vgl. Schutzzonenplan Wien, Grundlage für die flächendeckende Darstellung künftiger Untersuchungsgebiete; siehe Beilage), und sich auch der Gebäudebestand seit dieser Zeit nur sehr wenig verändert hat. Als erhaltenswerte Bauten werden seitens der Initiative Denkmalschutz folgende Bauten erachtet und daher werden für diese – neben den oben angeführten Empfehlungen – Schutzzonen vorgeschlagen.

1.) Schutzzone: Goldeggasse/Mommsengasse

– Goldeggasse 15-17 sowie Mommsengasse 22 bis 24 (Eckhaus Mommsengasse 22 ident Goldeggasse 15; Anmerkung: die benachbarten aber außerhalb des Plangebietes liegenden Häuser in der Mommsengasse 19 bis 25 und Goldeggasse 14-16 sind ebenso erhaltenswert respektive schutzzonenwürdig, aber derzeit nicht in einer Schutzzone befindlich).

Goldeggasse 15 bis 17 (Mommensengasse 22): Zwei gut erhaltene Gründerzeithäuser, erbaut 1887, mit reicher historistischer Fassadengliederung im Stil der “Neu-Wiener-Renaissance” (Nr. 15 erbaut durch Stadtbaumeister Alois Dworschak, Bauherr A. Ridler und Alois Dworschak, großes Eckhaus mit abgeschrägter Eckachse und eingeschoßigem Eckerker, gerahmt von den einachsigen ortbandgerahmten Seitenrisaliten der Fassaden. Portal mit Hermenpilasterrahmung und gesprengtem Segmentgiebel mit eingestellter Frauenbüste. Zweiteiliges Foyer mit Blendarkadengliederung zwischen korinthischen Pilastern. An den Decken Fresken mit fliegenden Putten zwischen Rosenranken und Palmen.); 1040  Wien Mommsengasse 24: erbaut 1887 von Stadtbaumeister Franz Macher (oder “Franz Marcher”) sen., Bauherr Franz Baier. Fünfgeschoßiges reich dekoriertes Gründerzeitzinshaus mit manieristischem Fassadenaufbau und Dekor: Gliederungs- und Schmuckelemente verlieren nach oben hin geschoßweise an Reichtum und Plastizität. Im Hauptgeschoß (1. Stock) wuchtige Ädikulafenster mit Atlantenrahmung und schwerer Dreiecksgiebelbekrönung; im 2. Stock kräftige Segementgiebelverdachungen auf Konsolen, im 3. Stock zartere Dreiecksgiebel, im letzten Geschoß schließlich flache Fensterrahmungen mit skulptierten Schlusssteinen. Dekor des Kranzsgesimes heute entfernt. Zu prüfen wäre auch noch die Schutzwürdigkeit des schlichten, aus der Biedermeierzeit stammenden zweistöckigen Hauses Goldeggasse 21 (erbaut 1841).

 

2.) Schutzzone: Argentinierstraße/Weyringergasse

Teil 1: Argentinierstraße 53 bis 59 1040  Wien (Anmerkung: die benachbarten aber außerhalb des Plangebietes liegenden Häuser in der Argentinierstraße 46 bis 52 sind ebenso erhaltenswert respektive schutzzonenwürdig, aber derzeit nicht in einer Schutzzone befindlich). Nr. 53: elegantes, besonders schönes und erhaltenswertes bürgerliche Zinshaus, erbaut 1911 von Architekt Carl Jagersberger und Baumeister Max Notthaft, mit seitlichen Polygonalerkern, durchgehendem Gitterbalkon im 1. Stock und hohem gemischtlinigen, oben abgerundeten Dachgiebel (Atelierfenster), die drei Hauptgeschoße durch flache Rahmenlisenen zusammengefasst, einfache Rahmenfelder- und Rosettenfriese als Dekor. Im Foyer ornamentale Jugendstilverkachelung. Im Stiegenhaus originale Glasfenster z.T. noch erhalten; Nr. 55: erbaut 1842 von Baumeister Johann Straberger, Bauherr Joseph Luka. 1882 Neufassadierung durch Stadtbaumeister Wilhelm Schimitzek. Fassade mit additiver Gliederung, die Mittelachse wird durch die Dreiecksgiebelverdachung des Mittelfensters des Hauptgeschoßes betont, ansonsten gerade Fensterverdachungen, jene des 2. Stockes sind in ein schmales Kordongesims eingebunden, darüber kräftiges Kranzgesims, rezente Aufstockung vor 1997); 1040  Wien Nr. 57: Frühhistoristisches Zinshaus, erbaut 1868 mit für seine Zeit typisch dekorativ bereicherter Fassade: 1. Stock: Fensterbekrönung durch Halbkreisbögen mit Mädchenmasken in den Lünetten, gotisierende Ornamentik in den Sohlbankfeldern; 2. Stock: in der Mitte bogenartig erweiterte Fensterverdachungen, in den Sohlbankfeldern Rankendekor; dekoratives Kranzgesims mit konsolenartigen Mädchenmasken (Karyatidenköpfe). Nr. 59: siehe Schutzzone Weyringergasse 24.

 

Teil 2: Weyringergasse 14 bis 24. (Anmerkung: die der Straße gegenüberliegenden, aber außerhalb des Plangebietes liegende Häuserzeile ist ebenso weitgehend schutzwürdig, aber derzeit nicht als Schutzzone ausgewiesen). Weyringergasse 14 (augenfällig zu hoch gewidmet): 3geschoßiges Frühgründerzeithaus, erbaut 1849, mit zeittypischer Fassadengliederung. Im 1. Stock Fensterrahmungen und kräftiger Fensterverdachung auf Konsolen sowie Girlandendekor. Im 2. Stock Fernsterrahmungen mit profilierter Fensterverdachung, sehr dekoratives Attikageschoß mit Girlandendekor und Kranzgesims mit Zahnschnitt. Im Erdgeschoß genutete Fassadengliederung. Weyringergasse 16-18: Kommunaler Wohnbau, erbaut 1928/29, Architekt: Felix Angelo Pollak (unter Denkmalschutz gemäß § 2a Denkmalschutzgesetz, also nur wahrscheinlich schutzwürdig im Sinne des strengen Denkmalschutzgesetzes). 1040  Wien Fünfgeschoßiges Wohnhaus, teilweise in Sichtziegel zur Fassadengliederung, mit durchgehenden Loggiengruppen, die zwischen mehrgeschoßigen Kastenerkern und zwei senkrechten Betonscheiben eingespannt sind. Haupteingang über Freitreppe erschlossen. Weyringergasse 20-22: Baugleiche Frühgründerzeithäuser, erbaut 1862, Nr. 20 noch weitgehend originale historistische Fassadengliederung: genutete Fassade, 2 Flacherker an den äußeren Fensterachsen, gerade Fensterverdachungen, stark gegliederte Fassade im Erdgeschoß. Nr. 22 baugleich, jedoch mit weitgehend abgeschlagener Fassadengliederung. Weyringergasse 24 (ident Argentinierstraße 59): erbaut 1876, genutete Erdgeschoßzone. Die östliche Fensterachse mit korinthischen Riesenpilaster eingefasst, über kräftigem Architrav und Kranzgesims geschwungener Dachgiebel mit Segementbogen und Ädikulafenster. Genutete Fensterrahmung im 1. Stock sowie 2 Reliefmedaillons im 2. Stock.

 

Weiters wird vorgeschlagen für die Schutzzone die entsprechenden Architekturteile in einen Katalog nach § 7 (4) Wiener Bauordnung aufzunehmen, sodass auch diese einen rechtsverbindlichen Bestandteil des Bebauungsplanes bilden.

 

1040  Wien In dieser Stellungnahme erwähnte Objekte alphabetisch aufgezählt:
Argentinierstraße 46, Argentinierstraße 48, Argentinierstraße 50, Argentinierstraße 52, Argentinierstraße 53, Argentinierstraße 55, Argentinierstraße 57, Argentinierstraße 59, Goldeggasse 14, Goldeggasse 15, Goldeggasse 16, Goldeggasse 17, Goldeggasse 21, Mommsengasse 19, Mommsengasse 21, Mommsengasse 22, Mommsengasse 23, Mommsengasse 24, Mommsengasse 25, Weyringergasse 12, Weyringergasse 14, Weyringergasse 16, Weyringergasse 18, Weyringergasse 20, Weyringergasse 22, Weyringergasse 24

Quellen:
  • Österreichische Kunsttopographie, Band XLIV: Die Kunstdenkmäler des III., IV. und V. Bezirkes, Herausgegeben vom Institut für österreichische Kunstforschung des Bundesdenkmalamtes, Wien, 1980
  • Dehio-Handbuch, Die Kunstdenkmäler Österreichs, Wien II. bis IX. und XX. Bezirk (Hrsg. Bundesdenkmalamt), Wien 1993
  • Friedrich Achleitner, Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert, Band III/1, Wien 1.-12. Bezirk, Salzburg und Wien 1990
  • Helmut Weihsmann, Das Rote Wien, Sozialdemokratische Architektur und Kommunalpolitik 1919-1934, 2., vollkommen überarbeitete Ausgabe, Wien 2002
  • Kulturgüterkataster der Stadt Wien, “Wien Kulturgut”, www.wien.gv.at/kulturportal/public
  • Architektenlexikon Wien 1770 – 1945, www.architektenlexikon.at

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