Penzing, GEBE-Fabrik, Stellungnahme zu Planentwurf 8039, 15.11.2012
Stellungnahme zum Entwurf Flächenwidmungs- und Bebauungsplan 8039, Katastralgemeinde Penzing, 14. Bezirk
Für das Gebiet zwischen Linzer Straße, Goldschlagstraße, Einwanggasse, Karlingergasse, Ameisbrücke, Ameisgasse und Westbahn
Der Verein Initiative Denkmalschutz gibt folgende Stellungnahme ab:
Grundsätzlich wird im Sinne der Erhaltung des örtlichen Stadtbildes und der Altstadterhaltung, also zur Gewährleistung des Bestandes, eine bestandsgenaue Widmung für die historischen Objekte im Plangebiet sowohl in der Höhenentwicklung, als auch hinsichtlich der bebaubaren Fläche vorgeschlagen. Dadurch wird auch am ehesten – neben der Festsetzung einer Schutzzone – der Anreiz für Abbruch und Neubau vermieden. Auf Grund des Fehlens von Daten der Bestandshöhen können wir bei den aus unserer Sicht historisch relevanten Objekten nur die augenfälligen Abweichungen von Bestandshöhe zur geplanten Widmungshöhe aufzeigen.
Einen Rest und ein sehr schönes Beispiel der vorstädtischen Verbauung aus dem 1. Drittel des 19. Jahrhunderts bildet das ebenerdige, traufständige Haus in der Linzer Straße 102 (Ecke Einwanggasse 45) mit seiner profilierten Fensterrahmung und -verdachung mit in einer kleinen Rundbogennische polychromierten Figur Heiliger mit Winkeleisen(?) an Giebelfassade zur Einwanggasse. Hier ist die Widmung Bauklasse III vorgesehen. Es wird empfohlen die Widmung für dieses Haus bestandsgenau sowohl hinsichtlich der Höhe (also Bauklasse I beschränkt auf ca. 5 m), als auch der Baufluchtlinien vorzusehen, um den Erhalt zu sichern. Das Vorstadthaus möge gemeinsam mit dem kommunalen Wohnbau in der Goldschlagstraße 193-195 (gemäß § 2a unter Denkmalschutz) in eine Schutzzone aufgenommen werden. Die Wohnhausanlage der Gemeinde Wien mit Mansardgiebel wurde 1925/26 vom Architekten Heinrich Vana erbaut und zeichnet sich durch seinen besonderen Motivenreichtum in Art deco-Formen im Sockelgeschoß aus. Die Gründerzeithäuser in der Goldschlagstraße 205 bis 213 mögen ebenso Aufnahme in die Schutzzone finden. (Goldschlagstraße 205 und Goldschlagstraße 209 mit gut erhaltener Gründerzeitfassade; Goldschlagstraße 213, ident Linzer Straße 126, auf Front zur Rottstraße mit Attikaaufsatz, Balustrade und geschwungenem Giebelfeld.) Weiters als Schutzzone ausgewiesen werden sollen die Häuser Ameisgasse 30 bis 38 (Ameisgasse 38 ident mit Goldschlagstraße 205; Ameisgasse 36 mit weitgehend erhaltener historistischer Fassadengliederung in der Erdgschoßzone, Ameisgasse 30 und 32 Teil der teilweise unter Denkmalschutz stehenden ehemaligen GEBE-Fabrik). Die GEBE-Fabrik enstand 1913 aus der ehem. Maschinenfabrik der Firma Gebrüder Brünner 1872, dem zweitgrößten Lampenhersteller, und dem Zusammenschluss der ersten Lampenfabrik in Österreich (gegründet von Karl Rudolf und Friedrich Ditmar 1841). Der denkmalrelevante Gebäudekomplex der GEBE-Fabrik (Linzer Straße 143, Ecke Ameisgasse 32) besteht aus dem Fabrikshauptgebäude von 1897 (Architekt Carl Langhammer), welcher unmittelbar an der Westbahnstrecke errichtet wurde, und dem hofseitig angeschlossenen Kesselhaus mit Schornstein. Das Fabrikshauptgebäude entlang der Westbahn steht – wie auch das Kesselhaus – unter Denkmalschutz. Für die Gestaltung des Fabrikshauptgebäudes wurde die repräsentative Form der Putz-Sichtziegelfassade mit Eisensprossenfenstern angewandt, wodurch der Stellenwert der Fabrik als Produktionsstandort der Gebrüder Brünner dokumentiert wurde. Die derzeit überputzte Putz-Sichtziegelfassade stellt eine reversible Veränderung dar. Das einstöckige Eckgebäude in der Linzer Straße 143 / Ameisgasse 32 aus dem Spätbiedermeier(?) möge in der Höhenenwicklung bestandsgenau gewidmet werden (im Planentwurf 18 m Höhe vorgesehen, also viel zu hoch).
Es wird empfohlen für die Häuser in der Linzer Straße 118 bis 126 eine Schutzzonenausweisung vorzunehmen. Insbesondere das Haus Linzer Straße 122 weist noch eine gut erhaltene historistische Fassadengliederung auf. Der einstöckige, industrielle Sichtziegelbau in der Linzer Straße 157 (mit fünfachsigem Anbau “Kirchbauer Heizung” mit Putzfassade und Sichtziegellisenen) möge ebenfalls Aufnahme in die Schutzzone finden. Die Höhenwidmung möge dem Bestand genau angepasst werden (derzeit Bauklasse III Widmung, also viel zu hoch). Zu prüfen wäre die Aufnahme in die Schutzzone für das ebenerdige und die zwei einstöckigen Häuser in der Linzer Straße 175-179. Es wird empfohlen die Häuser in der Linzer Straße 197 bis 203 in die Schutzzone aufzunehmen und die Höhenwidmung genau dem Bestand anzupassen (für die ebenerdigen bzw. einstöckigen Häuser Linzer Straße 197 bis 201 ist im Planentwurf eine viel zu hohe Widmung vorgesehen).
Bei Festsetzung einer Schutzzone wird zusätzlich vorgeschlagen die entsprechenden Architekurteile in einen Katalog nach § 7 (4) Wiener Bauordnung aufzunehmen, sodass auch diese einen rechtsverbindlichen Bestandteil des Bebauungsplanes bilden.
Rückfragehinweis:
Markus Landerer und Claus Süss
Verein Initiative Denkmalschutz
Fuchsthallergasse 11/5, 1090 Wien
www.initiative-denkmalschutz.at
mobil: 0699 / 1024 4216 oder 0676 / 740 43 27
Foto: GEBE-Fabrik, 1140 Wien
Quellen:
- Dehio-Handbuch, Die Kunstdenkmäler Österreichs, Wien X. Bis XIX. Und XXI. Bis XXIII. Bezirk, Topographisches Denkmälerinventar, herausgegeben vom Bundesdenkmalamt, Wien 1996
- Friedrich Achleitner, Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert, Band III/2 Wien: 13.-18. Bezirk, Salzburg und Wien 1995
- Bescheid des Bundesdenkmalamtes, Stellung unter Denkmalschutz, Fabriksgebäude Ameisgasse 32 / Linzer Straße 143 vom 27. Februar 2009 (GZ: 49.919/1/2009)