1120_Aichhorngasse_14

Gaudenzdorf, Stellungnahme zu Planentwurf 7973, 6.12.2012

Stellungnahme zum Entwurf Flächenwidmungs- und Bebauungsplan 7973, Katastralgemeinde Gaudenzdorf, 12. Bezirk Meidling

Für das Gebiet zwischen Arndtstraße, Gierstergasse, Bezirksgrenze zwischen 15. und 6. Bezirk (Trasse der U-Bahnlinien U4 und U6) und Gaudenzdorfer Gürtel

Der Verein Initiative Denkmalschutz gibt folgende Stellungnahme ab:

Grundsätzlich wird im Sinne der Erhaltung des örtlichen Stadtbildes und der Altstadterhaltung, also zur Gewährleistung des Bestandes, eine bestandsgenaue Widmung für die historischen Objekte im Plangebiet sowohl in der Höhenentwicklung, als auch hinsichtlich der bebaubaren Fläche vorgeschlagen. Ebenso mögen die Hauptgeschoße mit einer besonderen Bestimmung (BB) exakt dem Bestand festgelegt werden. Dadurch wird auch am ehesten – neben der Festsetzung einer Schutzzone – der Anreiz für Abbruch und Neubau vermieden. Auf Grund des Fehlens von Daten der Bestandshöhen können wir bei den aus unserer Sicht historisch relevanten Objekten nur die augenfälligen Abweichungen von Bestandshöhe zur geplanten Widmungshöhe aufzeigen.

Die ehem. Schokoladefabrik Stollwerck (Gaudenzdorfer Gürtel 43-45), ein bemerkenswerter sechsgeschoßiger Ständerbau mit Lisenengliederung und Dreiecksgiebel, wurde 1910 nach Entwurf von Rudolf Krauß und Pittel & Brausewetter für die Österreich-Ungarische Automaten-Gesellschaft Stollwerk & Co. erbaut und steht per Bescheid unter Denkmalschutz. Das benachbarte secessionistische Zinshaus (Gaudenzdorfer Gürtel 47) wurde 1907 vom jüdischen Architekten Ignaz Reiser erbaut. Es zeichnet sich durch Erker- und Balkongliederung, überhöhte Seitentravéen, und einem bemerkenswerten Vestibül mit stuckierten Platzlgewölben aus (Dehio). Es wird vorgeschlagen die Häuser Gaudenzdorfer Gürtel 33 bis 47 als Schutzzone zu widmen (insbesondere die Häuser Gaudenzdorfer Gürtel 33 und 37 sind Gründzeithäuser mit reicher historistischer Fassadengliederung).

Das Gründerzeithaus (Cafe Ege) mit seiner gut erhaltenen historistischen Fassadengliederung in der Arndtstraße 24 (Ecke Steinhagegasse 20) ist ebenso wie das Haus Steinhagegasse 13 und das 3stöckige Steinhagegasse 6 mit seiner historistischen Fassadengliederung erhaltenswert. Weiters das einstöckige Biedermeierhaus in der Aichhorngasse 14 mit seiner frühhistoristischen Fassadengliederung (mit Bauklasse III viel zu hoch gewidmet, die Höhenwidmung möge dem Bestand genau angepasst werden). In der Arndtstraße 62 (im Hof des APCOA-Parkplatzes) befindet sich ein sehr gut erhaltenes und reich gegliedertes, bemerkenswertes Vorstadthaus mit profilierten Pilasterfensterrahmung und Girlandenschmuck im 1. Stock aus dem Spätbiedermeier/Frühhistorismus (mit Bauklasse III zu hoch gewidmet, die Höhenwidmung möge dem Bestand genau angepasst werden, ebenso die Baufluchtlinien).

Unbedingt erhaltenswert ist der Straßenzug mit seiner einheitlich 4-5geschoßigen, späthistoristisch-secessionistischen Zinshausverbauung in der Längenfeldgasse 4-12 (Längenfeldgasse 4: erbaut 1898/99 von Josef Ludwig, secessionistisches Zinshaus mit kräftigem Dekor (Masken, Lorbeerblattlisenen), Schmiedeeisenbalkons und -gittertür; Treppengeländer mit Schabrackenmotiven; Gedenktafel Sterbehaus des Malers Constantin Stoitzner, Begründer der Künstlervereinigung Heimatkunst; Längenfeldgasse 6: erbaut 1906 von Johann Stadler, secessionistisches Zinshaus mit flacher Lisenengliederung und Rosengirlanden; Treppengeländer Ätzglasfenster; Längenfeldgasse 8: erbaut 1905, secessionistisches Zinshaus mit neobarocken Elementen, Polygonalerker, Lorbeerblattfries; bemerkenswerte Holztür mit secessionistischem Gitter, stuckiertes Vestibül). Es wird empfohlen diesen Bereich als Schutzzone auszuweisen.

In der Schönbrunner Straße 219 steht das Geburtshaus (viergeschoßig, Mittelerker) von Hermann Leopoldi, (Gedenktafel an den Klavierhumoristen, der am 15. August 1888 hier geboren wurde). Das benachbarte Haus Schönbrunner Straße 217 zeichnet sich durch seinen reichen, feingliedrigen, historistischen Fassadendekor aus. Das Gründerzeithaus in der Schönbrunner Straße 211 mit seiner gut erhaltenen und reichen historistischen Fassadengliederung ist ebenfalls erhaltenswert (Dreiecks- und Segmentgiebel über Fenster, Girlandenschmuck, Baluster in Parapetfeldern). Es wird daher empfohlen die Häuser Schönbrunner Straße 209 (ident Längenfeldgasse 4) bis 219 als Schutzzone zu widmen. Die Häuser Schönbrunner Straße 211 und 217 sind mit Bauklasse IV viel zu hoch gewidmet, die Höhenwidmung möge exakt dem Bestand angepasst werden.

Das Haus Schönbrunner Straße 185, erbaut 1901 (Entwurf/Architekt: Josef Rudorfer / F. Klein) ist ebenso erhaltenswert und möge gemeinsam mit dem Kindertagesheim in der Haebergasse 1 als Schutzzone gewidmet werden. Letzteres wurde 1905/06 von Matthäus Bohdal als 3stöckiges secessionistisches Zinshaus mit überhöhten Eckachsen und Lisenengliederung erbaut. Das Doppelhaus (ehem. Fabrik) in der Schönbrunner Straße 177 bis 179 ist ein monumentaler Putz-/Sichtziegelbau mit reicher, historistischer Fassadengliederung und Eckkuppel über abgeschrägter Fassadenecke (zur Korbergasse 2). Schönbrunner Straße 179 mit Mittelerker und Bezeichnung “FABRIKS EINGANG” über Toreinfahrt. Das der Korberstraße gegenüberliegende Haus Schönbrunner Straße 175 (Ecke Korbergasse 1) wurde 1913/14 erbaut und weist einen zeittypischen, späthistoristischen Fassadendekor auf (Girlanden und feingliedriger Pflanzendekor). Das Haus in der Korbergasse 3 weist ebenso eine gut erhaltene historistische Fassadengliederung auf. Das Haus Schönbrunner Straße 173, das im Dehio 1996 noch als Vorstadthaus aus dem 2.-3. Viertel des 19. Jh. beschrieben wurde, wurde mittlerweile durch den Hofer-Supermarkt zerstört. Es wird empfohlen die Häuser Schönbrunner Straße 175 bis 179 sowie das Haus in der Korbergasse 3 als Schutzzone auszuweisen.

Die beiden späthistoristisch-secessionistschen Gründerzeithäuser Schönbrunner Straße 152 und Schönbrunner Straße 156 mit ihrer gut erhaltenen, reichen Fassadengliederung sind ebenso erhaltenswert. Dazwischen befindet sich das rare Beispiel eines gut erhaltenen, frühhistoristischen, zweistöckigen Gebäudes (Schönbrunner Straße 154; mit den zeittypisch hervortretenden Köpfen in den Parapetfeldern, feingliedriger Girlanden und Pflanzendekor, Dreiecksgiebel bzw. Masken über Fenster). Es wird vorgeschlagen die Häuser in der Schönbrunner Straße 152 bis 156 als Schutzzone auszuweisen. Die Schönbrunner Straße 154 ist mit Bauklasse IV 18 m viel zu hoch gewidmet, die Höhenwidmung möge genau dem Bestand angepasst werden. Im Anschluss an die Schönbrunner Straße 156 befindet sich die so genannte “Fabrik” mit der Gaststätte “Die Fabrik” am Gaudenzdorfer Gürtel 73, die ebenso Aufnahme in die Schutzzone finden soll. Die Fabrik wurde 1908 von Otto Taussig als Wäschefabrik für exquisite Kragen, Manschetten, Hemden und Plastrons, sowie Damenwäsche gegründet und nach der Schließung 1975 am Anfang der 1990er Jahre als Hotel revitalisiert.

Das strenghistoristische Gründerzeithaus in der Schönbrunner Straße 170 (erbaut ca. 1885) ist ebenso erhaltenswert. Die Häuser in der Schönbrunner Straße 182 bis 190 sind erhaltenswert und mögen als Schutzzone gewidmet werden (insbesondere: Schönbrunner Straße 182: einstöckiges Vorstadthaus aus dem 2.-3. Viertel des 19. Jh., im 1. Stock Fensterrahmung mit gerader Fensterverdachung, Baluster im Parapetfeld, lt. Dehio Hoftüre mit Buntverglasung und Pawlatschenhof; Schönbrunner Straße 186 (Ecke Kobingergasse 6): späthistoristisch-secessionistisch; Schönbrunner Straße 188 und 190: strenghistoristisch). Das Haus Schönbrunner Straße 182 ist mit Bauklasse IV 18 m viel zu hoch gewidmet, die Höhenwidmung möge exakt dem Bestand angepasst werden. Der so genannte “Schellenhof” in der Kobingergasse 4 mit seiner großteils erhaltenen historistischen Fassadengliederung möge ebenso in die Schutzzone Aufnahme finden.

Die Häuser in der Aichhorngasse 1-9 mögen als Schutzzone gewidmet werden. Insbesondere das Haus Aichhorngasse 3 zeichnet sich durch seine besondere detaillreiche historistisch-secessionistische Fassadengliederung aus. Ein besonders schönes Beispiel eines Vorstadthauses stellt das Haus Aichhhorngasse 14 dar, im Kern aus der Biedermeierzeit (oder älter) und seiner historistischen Fassadengliederung (Girlandenschmuck in den Parapetfeldern). Dieses ist auf jeden Fall erhaltenswert und möge in seiner Höhenwidmung bestandsgenau gewidmet werden (die Widmung Bauklasse III ist viel zu hoch).

Abschließend wird vorgeschlagen bei Festsetzung einer Schutzzone zusätzlich die entsprechenden Architekurteile in einen Katalog nach § 7 (4) Wiener Bauordnung aufzunehmen, sodass auch diese einen rechtsverbindlichen Bestandteil des Bebauungsplanes bilden.

Rückfragehinweis:

Markus Landerer und Claus Süss
Verein Initiative Denkmalschutz
Fuchsthallergasse 11/5, 1090 Wien
www.initiative-denkmalschutz.at

mobil: 0699 / 1024 4216 oder 0676 / 740 43 27

Foto: Aichhorngasse 14, 1120 Wien

Quellen:
  • Dehio-Handbuch, Die Kunstdenkmäler Österreichs, Band: Wien X. bis XIX. und XXI. bis XXIII. Bezirk, Topographisches Denkmälerinventar, herausgegeben vom Bundesdenkmalamt, Wien 1996
  • Friedrich Achleitner, Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert, Band III/1 Wien: 1.-12. Bezirk, Salzburg und Wien 1990
  • Denkmalliste Wien (Stand: 6. Juni 2012), List der unter Denkmalschutz stehenden unbeweglichen Denkmale, veröffentlicht vom Bundesdenkmalamt (siehe: http://www.bda.at/downloads/1928/Denkmalliste)
  • Schutzzonenmodell Wien, Grundlage für die flächendeckene Darstellung künftiger Untersuchungsgebiete (Stand: 1996)

 


An die
Magistratsabteilung 21 A
Rathausstraße 14-16
1010 Wien

ergeht in Kopie an:

  • die Bezirksvorstehung Meidling
  • an die Mitglieder des Bauausschusses bzw. an die politischen Parteien im 12. Bezirk