Radmer (Stmk.): Schloss Greifenberg verfällt – Denkmal ohne Schutz?
Das Schloss Greifenberg in der Obersteiermark (Gemeinde Radmer) ist seit langem denkmalgeschützt (per Bescheid), jedoch seit den frühen 1990er-Jahren nicht mehr bewohnt und verfällt zusehends. In der ORF-Kurzserie “Studio 2” Schlössertour vom 13. Juli 2022 berichtet Rupert Reiter-Kluger vor Ort und es wird die Frage gestellt: “Es ist eines jener Beispiele verfallender Bauwerke wo wirklich die Uhr tickt und wo man die Frage, ob es nicht vielleicht schon zu spät für eine Renovierung ist gar nicht mehr so leicht beantworten kann.”
ORF-FERNSEHBEITRAG ZUM NACHSEHEN (5 MIN): https://tvthek.orf.at/profile/Studio-2/13890037/Studio-2/14142401/Zu-Besuch-auf-Schloss-Radmer/15199620 (ORF 2, “Studio 2”, ‘Zu Besuch auf Schloss Radmer’, 13.7.2022)
Das Dach des Schloss Greifenberg im Ortsteil Radmer an der Hasel (Adresse: Radmer an der Hasel 17) scheint weitgehend intakt, der Putz ist in großen Teilen abgeblättert und die Mauern bröckeln sichtlich (zum Teil mit Rissen). Bevor das Dach jedoch saniert wurde, gab es eindringendes Wasser, die Decken zum Einsturz brachten und sonst große Schäden anrichtete. Neben Wohnungen für das Forst- und Jagdpersonal war von 1905 bis 1971 auch eine einklassige Volksschule in Schloss untergebracht. Irgendwann zwischen den 1970ern und 1990er-Jahren verlor der First seinen hölzernen Glockenturm (Foto noch mit Dachreiter von 1963). Das Problem, gemäß Denkmalschutzgesetz gibt es keine Verpflichtung, dieses wertvolle Kulturerbe in einem baulich guten Zustand zu halten, sondern nur das Verbot, aktiv und vorsätzlich die Bausubstanz nachteilig zu verändern oder zu zerstören (vgl. § 4 Denkmalschutzgesetz “Verbot der Zerstörung und Veränderung von Denkmalen”, dort Abs. 2 Z. 2). Auch eine Leserin der Kronenzeitung hat im Jänner 2020 im Rahmen der Krone-Initiative: „Retten wir die steirischen Schätze!“ auf den schlechten Zustand des Schloss Greifenberg hingewiesen. Schon vor dem Leerstand gab es intensive Überlegungen, was man mit dem extrem entlegenen Schloss machen kann. Auch seitens der Gemeinde gab es Versuche, das Gebäude zu erwerben und im Erdgeschoß ein Kupfermuseum einzurichten und in die oberen Stockwerke für Wohnungen adaptieren, die jedoch scheiterten.
Das Schloss Greifenberg mitsamt dem Tal war ehemals kaiserliches Jagdgebiet, zuletzt im Besitz von Thronfolger Franz Ferdinand (1863-1914). Franz Hohenberg, Urenkel Thronfolger Franz Ferdinands, wird im ORF-Beitrag dazu interviewt. Hohenberg erklärt, das Problem für eine weitere Nutzung waren die sechs verschiedenen Hausschwammherde im Gebäude, als auch der Denkmalschutz an sich. Der Kunsthistoriker und Bauforscher Daniel Stössl widerspricht, dass der Denkmalschutz hier ein Hindernis darstellt: “Meiner Erfahrung nach ist der Denkmalschutz nicht der Verhinderer. Der Denkmalschutz ist meistens relativ realistisch und weiß, was wann geschehen muss, um ein Objekt zu erhalten. Das heißt, das Ansinnen des Denkmalschutzes ist das Objekt zu erhalten und nicht zu verhindern, dass es erhalten wird,” und erklärt weiters, das große Problem ist, eine adäquate Nutzung für das Gebäude zu finden. Der Denkmalpfleger Stössl rät auch dringend davon ab, das Schloss widerrechtlich zu betreten, denn es besteht Einsturzgefahr.
Jetzt ist nur noch zu hoffen, dass das Schloss nicht das gleiche Schicksal erleiden wird wie die seit den 1970er-Jahren denkmalgeschützte Gartlmühle in Gresten. Das Bundesdenkmalamt hatte dort 2008 einer weitgehenden Aufhebung des Denkmalschutzes zugestimmt, sodass in Folge fast das gesamte Gebäude 2012 abgerissen wurde. Nur noch das Tonnengewölbe des Eingangs blieb erhalten. Siehe: “Das Denkmal ‘Gartlmühle’ in Gresten (NÖ) – Ein Wahrzeichen ist verblasst “ in: Denkma[i]l: Nachrichten der Initiative Denkmalschutz”, Nr. 22/2016, Seite 20 f. (NÖ), siehe: https://www.initiative-denkmalschutz.at/denkmail/Denkmail_Nr_22_230i9aso.pdf . Über die Stufen des Verfalls siehe Youtube-Video (12 MIN): ” Gartlmühle – Ein Wahrzeichen verblasst“: https://www.youtube.com/watch?v=XDMBfazFL6I
Medienbericht:
26.01.2020, Kronenzeitung
„Krone“-Aktion: Steirer kämpfen für bedrohte Kulturgüter. Eine Burg des berühmten Minnesängers Ulrich von Liechtenstein bröckelt vor sich hin. Auch an anderen Schlössern nagt der Zahn der Zeit – dabei sind sie Wahrzeichen unseres Landes! Hand in Hand mit ihren Lesern kämpft die „Krone“ um die Erhaltung des steirischen Bauerbes: https://www.krone.at/2085397
Weitere Infos / Linktipps:
Peter Buchinger, ‘Schloss Greifenberg – Ein Aufruf zur Rettung’, in: Zeitschrift Denkma[i]l Nr. 20/2015, Nachrichten der Initiative Denkmalschutz, Seite 53:
https://www.initiative-denkmalschutz.at/denkmail/Denkmail_Nr_20_84721o_web.pdf
Facebook-Gruppe “Bewahren wir das Schlossensemble Greifenberg”: https://www.facebook.com/groups/758092594307339
Schloss Greifenberg in Radmer (Geschichte, Beschreibung) auf Website: “Burgen-Austria.com”:
http://www.burgen-austria.com/archive.php?id=295
Schloss Greifenberg (13 Fotos; vermutlich 2019) auf der Website: “Burgen, Schlösser und Ruinen in Österreich” (Kastellan Oliver):
http://ruine.at/greifenberg.htm
“Der Paradeisstollen (und Schloss Greifenberg)” in Radmer auf Website “Austria-Forum.org”:
https://austria-forum.org/af/Bilder_und_Videos/Hochschwab/Teil_3_Um_den_Hochschwab/Radmer
Historisches Foto Schloss Radmer aus 1963 (noch mit hölzernem Glockenturm auf First (Dachreiter); in: “Fotos – alte Ansichten” der Gemeinde Radmer):
http://www.radmer.at/index.php/fotos/23-alte-ansichten/detail/351-schloss-greifenberg-1963#
Literatur (u.a.):
Schloss Greifenberg in Radmer – Stiller Verfall in den Alpen, in: Wolfgang Burghart – Gerhard Hertenberger, “Österreichs gefährdetes Kulturerbe. Vom Umgang mit historischen Bauten. 70 Fallbeispiele” (Hrsg. Initiative Denkmalschutz), Wien 2018, Seite 70 f.
Kulturpark Österreich, Projektstudie, Seite 237 (Foto: Innenraum mit zum Teil eingestürzter Stuckdecke im Schloss Greifenberg und Kurzbeschreibung), Wien 2000, Hrsg. “Kulturpark Österreich – Verein zum Schutz von Baudenkmälern”
Herwig Ebner, Burgen und Schlösser der Steiermark (Birken-Reihe), Band 2: Mürztal und Leoben, Wien 1979 (2. erweiterte Auflage), Seite 122
Dehio-Handbuch – Die Kunstdenkmäler Österreichs, Topographisches Denkmälerinventar (Hrsg. Bundesdenkmalamt), Band: Steiermark (ohne Graz), Wien 1982, Seite 386