1090_Chemisches Institut_Währinger Straße 10

Stellungnahme zum Entwurf Flächenwidmungs- und Bebauungsplan Alsergrund (Bebauungsplan 8013)

Stellungnahme zum Planentwurf 8013: Rossauer Kaserne und “Neu-Wien” bis Währinger Straße

für das Gebiet zwischen Währinger Straße, Berggasse und Bezirksgrenzen zum 2. sowie 1. Bezirk (Donaukanal und Maria-Theresien-Straße) im 9. Bezirk, Katastralgemeinde Alsergrund

Der Verein Initiative Denkmalschutz gibt folgende Stellungnahme ab:

Das Plangebiet (historisch: Roßau, Alser Vorstadt; ca. 22 ha) ist geprägt durch die gründerzeitliche Rasterbebauung. Die Gründerzeithäuser dominieren noch heute und sind zum Teil “von guter bis hoher Qualität” (Zitat Erläuterungsbericht (kurz: EB), S.3). Die meisten Gebäude südlich der Türkenstraße enstanden um 1870 im Zuge der Glacisverbauung, der Rest nördlich davon als “Neu-Wien” um 1857 bzw. früher. Nahezu das gesamte Plangebiet wurde als Kerngebiet des historischen Stadtzentrums von Wien in die Weltkulturerbeliste der UNESCO aufgenommen, nur der nordöstliche Bereich zwischen Schlickgasse, Berggasse, Roßauer Lände und Türkenstraße zählt zur Pufferzone (vgl. EB, S.1). Das gesamte Plangebiet ist derzeit als Schutzzone ausgewiesen und im aktuellen Planentwurf ist diese Schutzzonenausweisung wieder vorgesehen.

Allgemeine Empfehlung:

Grundsätzlich wird im Sinne der Erhaltung des örtlichen Stadtbildes und der Altstadterhaltung, also zur Gewährleistung des Bestandes, eine bestandsgenaue Widmung für die historischen Objekte im Plangebiet sowohl in der Höhenentwicklung, als auch hinsichtlich der bebaubaren Fläche vorgeschlagen. Dies gilt insbesondere für Gebäude in Schutzzonen. Weiters wird vorgeschlagen für die erhaltenswerten “Schutz- und Schonobjekte” (lt. MA 19) im Plangebiet in einer “Besonderen Bebauungsbestimmung” (BB) die höchstzulässige Hauptgeschoßanzahl mit der bestehenden Anzahl der Hauptgeschoße zu beschränken, um dadurch am ehesten den Anreiz für Abbruch und Neubau zu vermeiden. Abschließend wird vorgeschlagen für die hier empfohlenen Schutzzonen die entsprechenden Architekturteile in einen Katalog nach § 7 (4) Wiener Bauordnung aufzunehmen, sodass auch diese einen rechtsverbindlichen Bestandteil des Bebauungsplanes bilden.

Die Empfehlungen im Detail:

Währinger Straße – Maria-Theresien-Straße – Wasagasse – Kolingasse – Liechtensteinstraße – Hörlgasse – Wasagasse – Berggasse (vgl. EB, S.9f.).

Der “Maria-Theresien-Hof” in der Währinger Straße 2-4 wurde 1884-85 von Ludwig Tischler erbaut. Der reich gegliederte Monumentalbau in französisch-barockisierenden Formen ist ein bedeutender Gründerzeitbau, daher wird vorgeschlagen die Baufluchtlinien im Innenhof dem Bestand anzupassen, um den Erhalt – auch im Inneren – besser zu sichern. Gleiches wird für den “Maximilianhof” (erbaut 1886-87 von Emil von Förster, reich in französisch-barocken Formen gegliedert) in der Währinger Straße 6-8 vorgeschlagen.

Das “Chemische Institut” (Institut für Pharmazeutische Chemie, Währinger Straße 10), wurde 1868-72 vom bekannten Ringstraßenarchitekten Heinrich von Ferstel erbaut. Der einstöckige, strenghistoristische Sichtziegelbau in Neorenaissance-Formen steht unter Denkmalschutz (§2a). Vorschlag: Es wird empfohlen die Höhenwidmung dem Bestand genau anzupassen. Die derzeit gültige (und wieder vorgesehene) Widmung Bauklasse III (16 Meter) ist augenscheinlich viel höher als der Bestand. Auch mögen die Baufluchtlinien in den drei Innenhöfen und im östlichen Außenbereich dem Bestand genau angepasst werden, sowie in einer “Besonderen Bestimmung” (BB) die höchstzulässige Hauptgeschoßanzahl mit der bestehenden Anzahl der Hauptgeschoße beschränkt werden.

Wasagasse – Maria-Theresien-Straße – Schlickplatz – Kolingasse (vgl. EB, S.10)

Beim Baublock mit der Volksbank (Kolingasse 14-16, Liechtensteinstraße 2-4, Peregringasse 1-3, Maria-Theresien-Straße 13-15) ist im Planentwurf vorgesehen die Beschränkung der bebaubaren Fläche aufzuheben. Es wird vorgeschlagen diese Beschränkung (70%) weiter aufrecht zu belassen, da einerseits kein Änderungsgrund erkennbar ist (der Baublock wurde unlängst neu gebaut bzw. adaptiert) und andererseits wird durch die Beschränkung der Druck auf eine weitere, dichtere Verwertung des historischen Baubestandes im südöstlichen Blockbereich vermindert.

Wasagasse – Hörlgasse – Liechtensteinstraße – Kolingasse- Schlickplatz – Türkenstraße (vgl. EB, S.10)

Bei der AHS (“Wasa-Gymnasium”) in der Wasagasse 10 wäre zu bedenken, ob die Innenhofwidmung mit “W II g” nicht dem historischen Bestand abträglich ist. Das ehem. Maximiliangymnasium wurde 1869-72 von Heinrich von Ferstel in den Formen der Neu-Wiener-Renaissance erbaut und steht unter Denkmalschutz (§ 2a).

Liechtensteinstraße – Türkenstraße – Schlickgasse – Berggasse (vgl. EB, S.11)

Dieser große rechteckige Baublock weist eine dichte Bebauung im Innenbereich auf. Hier wird vorgeschlagen den Bestand auf die Erhaltenwürdigkeit seitens der MA 19 zu prüfen und bei wertvoller Bausubstanz in den Innenbereichen die Baufluchtlinien, zumindest in Teilbereichen, dem Bestand anzupassen. Eine allgemeine Beschränkung der bebaubaren Fläche (ohne Festsetzung von Baufluchtlinien) ist dem Erhalt der historischen Baukörper zumeist abträglich. In diesem Zusammenhang wäre auch die Wertigkeit des Bestandes im Innenhof des ehem. Palais Festetics (Kammer der gewerblichen Wirtschaft von Wien) in der Berggasse 16 (unter Denkmalschutz; § 2a) zu überprüfen. Im aktuell gültigen Bebauungsplan sind hier klare Baufluchtlinien gemäß dem Bestand definiert, die im aktuellen Planentwurf von einer allgemeinen Beschränkung der bebaubaren Fläche abgelöst werden sollen. Es wird daher vorgeschlagen die bisherigen Baufluchtlinien gemäß Bestand auf dem Grundstück Berggasse 16 beizubehalten. Das Palais Wimpffen in der Türkenstraße 15 ist augenscheinlich viel zu hoch gewidmet. Es wird eindringlich empfohlen die Höhenwidmung exakt dem Bestand anzupassen. Das zweistöckige Palais wurde 1856 von den beiden bekannten Architekten des Frühhistorismus, Johann Romano und August Schwendenwein erbaut (ein Umbau erfolgte 1878).

Rossauer Kaserne (vgl. EB, S.11 u.12)

Die Roßauer Kaserne am Schlickplatz 6-9 (Baublock Roßauer Lände 1, Maria-Theresien-Straße 21-23 und Türkenstraße 22-22A) wurde 1865-69 von Oberst Karl Pilhal und Major Karl Markl erbaut und steht unter Denkmalschutz (§ 2a). Der Monumentalbau in Sichtziegelbauweise gilt als Spätwerk des romantischen Historismus (mit auf die mittelalterliche Festungsarchitektur anspielende Details wie Turm- und Zinnenmotive, sparsamer romanisierender und gotisierender Dekor). Die aktuell gültige (und die im Planentwurf wieder vorgesehene) Höhenwidmung geht jedoch leider nicht differenziert auf den wertvollen Bestand ein und ist in großen Bereichen (z.B. entlang der Maria-Theresien-Straße und Türkenstraße) zu hoch gewidmet. Es wird daher vorgeschlagen die Höhenwidmung dem Bestand genau anzupassen. Weiters wird die weiträumige Möglichkeit zur Verbauung des Innenhofes der Roßauer Kaserne – wie sie auch schon im aktuell gültigen Bebauungsplan gegeben ist (StrG – Strukturgebiet gemäß § 77 Wr. Bauordnung) – als nicht denkmalschutzverträglich abgelehnt.

Grünfläche Erwin-Ringel-Park (vgl. EB, S.14)

Es wird vorgeschlagen die Grünfläche des Erwin-Ringel-Parks im städtebaulich historischem Ensemble in ihrer Gesamtheit(!) zu erhalten. Entsprechend der bisherigen Rechtslage wird daher vorgeschlagen die drei Teilflächen dieses Parks, vor den Toren der Rossauer Kaserne am Schlickplatz gelegen, als Grünland/Erholungsgebiet/Parkanlage (Epk) auszuweisen. Strikt abgelehnt wird, die bestehende temporäre Gärtnerunterkunft (zweigeschoßiges Stahl-Glasgebäude) auf der südlichsten Teilfläche gelegen [Schlickplatz 10], nun mittels vorgesehenen Planentwurf zu “legalisieren” und den Vorschlag zur Ausweisung einer bebaubaren Fläche (“BB4”) mit dem aktuellen “temporären” Bestand zu begründen. Bereits vor drei Jahren haben zwei renommierte Kunsthistoriker den “Wildwuchs” an städtischen Bauten im Grünland am Beispiel des Erwin-Ringel-Parks kritisiert: “Zum einen sei diese moderne Intervention im historischen Umfeld problematisch, zum anderen werde auch hier wie anderswo in Wien ‘das kostbare innerstädtische Grün zugunsten ,sozial wertvoller und angeblich provisorischer Zwecke beschnitten’. ‘Das neue Objekt des Stadtgartenamtes ist als architektonischer Wildwuchs zu betrachten. Es stört, ja zerstört ein städtebauliches Ensemble und eine ohnedies recht bescheidene innerstädtische Grünoase’, so die beiden Kunstgeschichte-Professoren Werner Kitlitschka und Mario Schwarz (vgl. Wiener Zeitung, Stadtgärtner-Objekte: Vom Geräteschuppen zum Prunkbau”, 12. Juni 2009).

All die hier genannten Vorschläge und Empfehlungen sollen der Altstadterhaltung und der “Gewährleistung des Bestandes von Gebieten, die wegen ihres örtlichen Stadtbildes in ihrem äußeren Erscheinungsbild erhaltungswürdig sind,” (vgl. EB., S.8) dienen und Anreize für Abbruch und Neubau vermeiden.

Mit freundlichen Grüßen
Markus Landerer und Claus Süss
im Namen des Vorstandes
Verein Initiative Denkmalschutz
Streichergasse 5/12, 1030 Wien (ZVR-Nr.: 049832110)
www.initiative-denkmalschutz.at
mobil: 0699 1024 4216

Beilagen:
Foto 1: Chemisches Institut, Währingerstraße 10

Foto 2: Maria-Theresien-Hof, Währingerstraße 2-4

Foto 3: Volksbank, Kolingasse 16 / Peregringasse 1-3

Foto 4: Wasa-Gymnasium, Wasagasse 10

Foto 5: Palais Wimpffen, Türkenstraße 15

Foto 6: Rossauer Kaserne, Schlickplatz 6-9

Foto 7: Rossauer Kaserne, Schlickplatz 10

Quelle:
  • Dehio Handbuch – Die Kunstdenkmäler Österreichs, Wien II.-IX. und XX. Bezirk. Topographisches Denkmälerinventar, Herausgegeben vom Bundesdenkmalamt, Wien 1993

 


An die

Magistratsabteilung 21 A
Rathausstraße 14-16
1010 Wien

ergeht in Kopie an:

  • die Bezirksvorstehung Josefstadt
  • an die Mitglieder des Bauausschusses bzw. an die politischen Parteien im 9. Bezirk

Stellungnahme zum Planentwurf 8013

Rossauer Kaserne und “Neu-Wien” bis Währinger Straße