1130 Wien

Stellungnahme zum Planentwurf Hietzing 8016 (Unter-, Ober St. Veit und Baumgarten; u.a. Klimt-Villa), 31.10.2012

Stellungnahme zum Entwurf Flächenwidmungs- und Bebauungsplan Nr. 8016, Kat.G. Unter St. Veit, Ober St. Veit und Unterbaumgarten

Für das Gebiet zwischen Preindlgasse, Bezirksgrenze, Fleschgasse, Hietzinger Hauptstraße, Münichreithstraße, St.-Veit-Gasse, Kupelwiesergasse, Hietzinger Hauptstraße

Der Verein Initiative Denkmalschutz gibt folgende Stellungnahme ab:

Grundsätzlich wird im Sinne der Erhaltung des örtlichen Stadtbildes und der Altstadterhaltung, also zur Gewährleistung des Bestandes, eine bestandsgenaue Widmung für die historischen Objekte im Plangebiet sowohl in der Höhenentwicklung, als auch hinsichtlich der bebaubaren Fläche vorgeschlagen. Dadurch wird auch am ehesten – neben der Festsetzung einer Schutzzone – der Anreiz für Abbruch und Neubau vermieden.

In diesem Zusammenhang wird auch auf unsere Stellungnahme zum Planentwurf 7985 vom 22. September 2011 hingewiesen, der große Teile des nun behandelten Gebietes umfasst aber nicht im Gemeinderat beschlossen wurde.

Es wird vorgeschlagen die Schutzzone im Bereich St.-Veit-Gasse zu erweitern und die Häuser St.-Veit-Gasse 53 und 55 in die Schutzzone aufzunehmen (Nr. 53 ein sehr schönes Haus der Spätgründerzeit, Nr. 55 aus dem Spätbiedermeier), zumal sogar im Erläuterungsbericht (S. 4) das Gebäude Nr. 55 als “erhaltenswert” eingestuft wird.

Begrüßt wird die nun vorgesehene nochmals niedrigere Höhenwidmung (wie schon 2011 gefordert, damals war 7,5 m geplant) für das ebenerdige Haus St.-Veit-Gasse 47, die jedoch bestandsgenau erfolgen soll (ca. 3,5 statt wie jetzt vorgesehen 4,5 m).

Sehr begrüßt wird ebenso die nun geplante Erweiterung der Schutzzone in der Auhofstraße um die Häuser Auhofstraße 78A bis 78C (Auhofstraße 78A Zitat Dehio: “Erb. 1909-11 von Carl Witzmann. 2geschossiger, sachlich gegliederter Villenbau (…).” Für die Häuser in der Auhofstraße 78A bis 78C wird vorgeschlagen die Baufluchtlinien exakt an den Bestand anzupassen.

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Die Gebäude Auhofstraße 65-69 sind 1stöckig und bilden ein “Ensemble gründerzeitlicher Vorstadthäuser” (Zitat Erläuterungsbericht). Der Erläuterungsbericht führt auf S. 11 (inhaltlich ident wie im Erläuterungsbericht aus 2011, S. 16) weiter aus, dass “zum Erhalt desselben bestandsorientiert und im Hinblick auf die Erhaltung des örtlichen Stadtbildes die Bauklasse II mit Beschränkung der zulässigen Gebäudehöhe auf 10,5 m (…) festgesetzt werden” soll. Um die Erhaltung auch wirklich sicher zu stellen, schlägt unser Verein vor für diese Häuser eine Schutzzone festzusetzen. Weiters ist die vorgeschlagene Höhenbeschränkung auf 10,5 m nicht dem Bestand angepasst (sondern augenscheinlich höher). Auch hier soll die bestandsgenaue Widmung vorgesehen werden.

Die hier vorgeschlagene Schutzzone Auhofstraße 65-69 soll seine Erweiterung finden in den Häusern Auhofstraße 88 bis 96 (aktuell keine Schutzzone vorgesehen). Bei den Häusern Auhofstraße 96 bis 102, die in den Straßenraum vorspringen, mögen die Baufluchtlinien an den Bestand angepasst werden, um den Erhalt dieses alten Straßenabschnitts zu sichern. Zu prüfen wäre auch, inwieweit für die Häuser Auhofstraße 98 bis 102 die Kriterien für eine Schutzzone erfüllt werden und eine ebensolche festgesetzt werden soll.

Es wird vorgeschlagen für das dreigeschoßige Einfamilienhaus im Stil der “Neuen Sachlichkeit” in der Neblingergasse 9 (ehemals Haus Urwalek, Architekt: Siegfried Theiss und Hans Jaksch, erbaut 1930/31) die Baufluchtlinien exakt dem Bestand anzupassen (vgl. “In Hietzing gebaut”, Bd. II, S.230f., sowie Achleitner und Dehio).

Spät aber doch wird nun erfreulicher Weise eine Schutzzone im Bereich Hietzinger Hauptstraße 96 bis 116 vorgeschlagen. Wie immer ist eine bestandsgenaue Widmung für den Erhalt der historischen Häuser essentiell. Es wird daher dringend empfohlen, die Widmung beim 1stöckigen Gründerzeithaus Hietzinger Hauptstraße 100-102, das durch zahlreiche Medienberichte über einen drohenden Abbruch in den letzten 3 Jahren bekannt geworden ist, dem Bestand exakt anzupassen (derzeit höher als Bestand gewidmet, gültig “W II g”, 12 Meter). Ansonsten ist die aktuell beabsichtigte Schutzzonenfestsetzung in diesem Bereich nicht sehr glaubwürdig und kann nicht als ernsthafte Bemühung für den Erhalt dieses charakteristischem, reich dekorierten Gründerzeithauses angesehen werden (detto sollen die Baufluchtlinien an den Bestand angepasst werden). Die bestandsgenaue Höhenanpassung würde auch den Zielen des Bebauungsplanes ganz klar entsprechen, da gemäß Erläuterungsbericht die Anpassung der zulässigen Gebäudehöhen an den Bestand als Vorsorgemaßnahme für den Erhalt der bestehenden vielfältigen und damit heterogenen Siedlungsstruktur dienen soll (Seite 8). Auch wurde gerade für diesen Bereich (Hietzinger Haupstraße 100-116) “zwecks Erhaltung des charakteristischen örtlichen Stadtbildes und der Ensemblewirkung der Liegenschaften” im Vorfeld eine Bausperre gemäß § 8 Abs. 2 der Bauordnung für Wien verhängt (vgl. Erläuterungsbericht Seite 6). Nun soll aber – was ganz scharf kritisiert werden muss – die zulässige Höhe nicht nur nicht niedriger, sondern sogar höher festgesetzt werden (“W III 15m”). Darüber hinaus bleiben die Motive für diese Höher-Widmung im Erläuterungsbericht verdeckt. Will man hier den Schutzzonengedanken gänzlich unterlaufen? Besonders obskur mutet die Formulierung im Erläuterungsbericht an (S.7). Hier soll das gut erhaltene gründerzeitliche Ensemble im Bereich Hietzinger Hauptstraße 96-116 auf seine Schutzzonenwürdigkeite hin “überprüft”(!) werden. Die gleiche (eigentümliche) Formulierung (“überprüft”) fand sich schon im Erläuterungsbericht zum Planentwurf 7985 (Erläuterungsbericht S.11). Wurde die Überprüfung im Vorfeld des Planentwurfes unterlassen? Und nun schon wieder? Dies musste unser Verein schon 2011 klar kritisieren. Wieso war man nach weiteren 2 Jahren noch immer nicht in der Lage diese Untersuchung abzuschließen? Aus Sicht unseres Vereins besitzt dieses Ensemble ganz augenscheinlich alle Charakteristika und Voraussetzungen für die Festsetzungen einer Schutzzone. Weiters empfiehlt unser Verein die Festsetzung einer Besonderen Bebauungsbestimmung (BB = “nur drei Hauptgeschoße”) für den Bereich Hietzinger Hauptstraße 104 bis 116 (wie schon im Planentwurf 7985 aus 2011 vorgesehen war), da dies einen zusätzlichen Schutz für den Erhalt der bestehenden historischen Objekte bedeutet (warum ist man davon im neuen Planentwurf wieder abgekommen?). Dadurch wird der Anreiz für Abbruch und Neubau (bei denen durch die zumeist viel niedrigeren Geschoßhöhen ein noch größerer Nutzungsgewinn erzielt werden könnte) zusätzlich vermindert. Im Bereich der Hietzinger Haupstraße 100-102 wird daher eine entsprechende “BB” Widmung für “2 Hauptgeschoße” vorgeschlagen.

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Sehr positiv gesehen wird die geplante Erweiterung der Schutzzone um die gut erhaltenen späthistoristisch-secessionistischen Häuser Hietzinger Hauptstraße 96 bis 98 (Nr. 96, Zitat Dehio: “Erb. 1908/09 von Karl Badstieber [Anm.: Architekt der unweit gelegenen so genannten “Klimt-Villa” in der Feldmühlgasse 11] und K. Reiner; Eckhaus mit spitzwinkelig-kantigem, bereits ‘expressionistisch’ wirkendem Baudekor”; Nr. 98, Zitat Dehio: “Josef Beer [Architekt, erbaut] 1910”) sowie um die Häuser Bossigasse 24 bis 28 (Bossigasse 24, 26, Dehio: “Erb. 1913, analog gegliederte 3geschossige Mietvillen, am Mittelrisalit jeweils polygonaler Erker”). Es wird angeregt die Schutzzone bis zur Bossigasse 16 zu erweitern (Bossigasse 16, Dehio: “Erb. 1907 von Josef Beer, 3geschossige kubische Mietvilla, spätsecessionistische Gliederung mit Kamm- bzw. Rauhputzoberflächen, in den mittleren Achsen Loggien, seitl. bay windows; (..) breiter Friesstreifen mit Rautenornamentik (…).”; Bossigasse 18, Dehio: “1954/55 erb. Wohnhausanlage der Gemeinde Wien; (…) 2 Mosaikfelder Jahreszeiten bez. (Ernst) Paar). Zu prüfen wäre auch, inwieweit für die Häuser Hietzinger Hauptstraße 90 bis 94 die Kriterien für eine Schutzzone erfüllt werden und eine ebensolche festgesetzt werden soll. Unabhängig davon wird eine bestandsgenaue Höhenwidmung vorgeschlagen (derzeit “W III 15 m g”, also zu hoch). Für die Häuser Amalienstraße 56 bis 60, Amalienstraße 69 sowie für die Mantlergasse 39-47 wird ebenso eine Schutzzone vorgeschlagen.

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Für die Klimt-Villa in der Feldmühlgasse 11 wird auf unseren Appell vom 10. Mai dieses Jahres verwiesen (gemeinsam mit dem Verein Gedenkstätte Gustav Klimt und Österreichische Gesellschaft für Denkmal- und Ortsbildpflege). Die Initiatie Denkmalschutz wiederholt den Appell, grundsätzlich von einer weiteren Ausdehnung der Bauflächenwidmungen – wie im aktuellen Planentwurf vorgesehen – sowohl hinsichtlich der Höhenwidmung, als auch in Bezug auf die bebaubare Fläche Abstand zu nehmen. Es hat gute Gründe gegeben im Jahr 1999, ein Jahr nach der Wiederentdeckung Gustav Klimts letzten Ateliers, die Bebauungsmöglichkeiten auf den bis heute gültigen Zustand zu reduzieren und beschränken. Nach den kürzlich abgeschlossenen Adaptierungen für das Comenius-Institut (des Kuratoriums für künstlerische und heilende Pädagogik) sieht die Initiative Denkmalschutz keinen Anlass,jetzt weitere Bauflächenwidmungen oder solche im Austausch mit anderen Flächen vorzunehmen. Um hinkünftige Wohnnutzungen u. ä. zu verhindern, die der hohen kulturellen und internationalen Bedeutung des Areals zuwiderlaufen würden, appelliert der Klimt Verein, zusätzlich eine spezifische Widmung für das Klimt Areal festzulegen und auch den Immobilienspekulationen vorzubeugen. Angeregt wird eine “soziokulturelle Widmung” für das gesamte Areal.

Das Haus Auhofstraße 23 (Ecke Fleschgasse 11; Dehio erwähnt) möge als Schutzzone gewidmet und damit an die der Fleschgasse gegenüberliegenden Schutzzone angebunden werden. Ebenso möge für die Auhofstraße 66 bis 74 gemeinsam mit dem Haus Auhofstraße 29 eine Schutzzone ausgewiesen werden. Detto für die Häuser St.-Veit-Gasse 66 bis 72.

Im Bereich der Kremsergasse 4-8 (Kremsergasse 6 aus der Gründerzeit, Kremsergasse 8 biedermeierlich), Kremsergasse 11 (ebenerdiges Biedermeierhaus mit historistischer Fassadengliederung) sowie Kremsergasse 15 (ebenerdig) möge auch eine Schutzzone festgesetzt werden. Insbesondere für die Nr. 11 und 15 möge die Höhenwidmung zur Sicherung des historischen Bestandes deutlich niedriger festgesetzt werden (exakt auf Bestand). Das Haus Kremsergasse 1 (Ecke Fleschgasse 7; erbaut 1912/13, Bauherr Josef Flesch) möge (gemeinsam mit Fleschgasse 3-5) als Schutzzone gewidmet und damit an die der Fleschgasse gegenüberliegende Schutzzone angebunden werden.

Das Ensemble Hietzinger Hauptstraße 52-60, in dem die frühgründerzeitlichen Häuser dominieren (vgl. Erläuterungsbericht S. 4) möge ebenso als Schutzzone festgesetzt werden. Insbesondere für das 1stöckige Haus Hietzinger Hauptstraße 54, 58 und 60 möge die zulässige Höhe exakt dem Bestand angepasst werden.

Weiters wird vorgeschlagen für die Schutzzone die entsprechenden Architekturteile in einen Katalog nach § 7 (4) Wiener Bauordnung aufzunehmen, sodass auch diese einen rechtsverbindlichen Bestandteil des Bebauungsplanes bilden.

Mit freundlichen Grüßen

Markus Landerer und Claus Süss
im Namen des Vorstandes
Verein Initiative Denkmalschutz

Fotos: Markus Landerer, Initiative Denkmalschutz, 2013 (Foto Klimt-Villa, Feldmühlgasse 11: 2012)

Quellen:
  • Dehio-Handbuch, Die Kunstdenkmäler Österreichs, Wien X. bis XIX. und XXI. bis XXIII. Bezirk (Hrsg. Bundesdenkmalamt), Wien 1996
  • Gerhard Weissenbacher, In Hietzing Gebaut – Architektur und Geschichte eines Wiener Bezirks, 2 Bände, Wien 1998f.
  • Friedrich Achleitner, Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert, Band III/2, Wien 13.-18. Bezirk, Salzburg und Wien 1995
  • Denkmalliste des Bundesdenkmalamtes, Stand: 28.6.2013, siehe: http://www.bda.at/documents/189037054.pdf