Heumarkt-Projekt und gefährdetes Welterbe Wien: Appell für einen Neustart

Gastbeitrag in “Die Presse” (u. a. von Initiative Denkmalschutz)

Heumarkt-Projekt: Appell für einen Neustart

Das geplante Bauprojekt am Heumarkt steht vor einer wegweisenden Entscheidung: Die Unesco tagt Mitte Juli, und ein entsprechender „Managementplan“ soll Ende Juni finalisiert und im Herbst im Gemeinderat abgestimmt werden.

Trotz wiederholter Kritik aus der Öffentlichkeit und von zahlreichen Kulturschaffenden und Experten seit 2012, die sich in Petitionen, Resolutionen und Gutachten artikuliert hatte, wurde unbeirrbar an dem Projekt am Heumarkt weitergewerkt, das Wien 2017 sogar auf die Rote Liste des Weltkulturerbes brachte.

Die „Anpassungsversuche“ des Turms von 73 auf 66,3 Meter hatten nicht überzeugt – schließlich waren die Vorgaben der Unesco schon fünf Jahre zuvor glasklar: möglichst niedriger, keinesfalls höher als das bestehende Hotel. Also maximal 38 Meter. Diese Hotelscheibe, zunächst noch ins Projekt übernommen, war dabei einem dickeren, breiteren Neubau von 48 Metern Höhe gewichen, der hart an die Grundstücksgrenze zum Stadtpark heranrückte. Dieser Riegel wuchs dann mit einem „Plan B“ von Dezember 2019 auf 55 Meter, ebenso massiv vergrößert wurde der dritte, am Heumarkt gelegene Baukörper des Projekts. Ohne Turm wurde das Projekt voluminöser denn je.

Falscher Weg der Stadt Wien

Nach eineinhalb Jahren geheimer „Verhandlungen“ musste auch die Stadt Wien einsehen, dass sie damit nach wie vor auf dem falschen Weg war. Kaum drangen Mitte April Details dieses „Plan B“ an die Öffentlichkeit, wurde schon „Plan C“ angekündigt. Seither herrscht wieder Funkstille – eine Informationspolitik, die eines demokratischen Rechtsstaats unwürdig ist. Dialog, gar Bürgerbeteiligung, sieht anders aus.

Doch wie seitens der Fachwelt bereits am 14. April kommuniziert: Mit einer bloßen Nachjustierung und Umschichtung von Baumassen wird auch „Plan C“ nicht genügen. Gefordert ist eine substanzielle Reduktion des Bauvolumens, Basis für einen Neustart des Projekts.

In Eile zurechtgeschrieben

Ein weiterer Aspekt der jetzigen Situation ist der „Managementplan Welterbe – Historisches Zentrum von Wien“, vorgelegt als Non-Paper-Version am 21. April 2021, um dann in einer Enquete am 6. Mai Thema zu sein. Einen solchen Plan sollte es eigentlich schon ab dem Zeitpunkt der Aufnahme des Zentrums Wiens ins Weltkulturerbe geben, nun wurde er in erkennbarer Eile zurechtgeschrieben und zeigt die ganze Absurdität der parallelen Vorgänge: Da er ja ein quasi übergeordneter Plan sein soll, dessen Aufgabe es wäre, zukünftige Situationen besser zu steuern, kommt das Heumarkt-Projekt (wiewohl Auslöser für die Rote Liste) nicht vor; dafür werden das „Fachkonzept Hochhäuser“ von 2014, mit dem Hochhausausschlusszonen, zuvor im Welterbegebiet festgelegt, abgeschafft wurden, sowie der Gemeinderatsbeschluss zum Ausschluss von Hochhäusern in der Inneren Stadt vom 5. Mai 2017 angeführt.

Keinen Monat später, am 1. Juni 2017, war die Hochhauswidmung des Heumarkt-Projekts im Gemeinderat beschlossen worden – es liegt ja auch nicht in der Inneren Stadt, sondern auf dem Gebiet des dritten Bezirks, wohl aber in der Kernzone des Welterbes, und an einem der sensibelsten Punkte dieser Zone noch dazu. (Das damalige Abstimmungsverhalten der Grünen, gegen die eigene Basis den Weg ebnend, markierte wohl einen Tiefpunkt in der Parteigeschichte.) So viel zur Tauglichkeit der hier neuerlich angepriesenen, völlig untauglichen Instrumente. Umgekehrt wird selbst die Minimalanforderung der Verankerung des Welterbes in der Bauordnung auf die lange Bank geschoben. Dennoch soll der Managementplan „im Herbst“ durch den Gemeinderat gebracht werden! Was bleibt, sind viele schöne Worte von der Vereinbarkeit von Tradition und Dynamik und das Ziel, trotz Durchführung des Heumarkt-Projekts von der Roten Liste gestrichen zu werden.

Bleibt Wien auf Roter Liste?

Politische Entscheidungsträger und Projektbetreiber zu ihrer Verantwortung zu rufen liegt in dieser Situation primär bei der Unesco, die als internationale Organisation mit dem für Welterbefragen letztzuständigen World Heritage Committee (WHC) in ihrer Tagung Mitte Juli in China darüber befinden wird, ob Wien auf der Roten Liste bleibt.

Icomos Austria, beratend in diese Entscheidung eingebunden, und die Österreichische Unesco-Kommission haben dabei zum Gutachten von Manfred Wehdorn, der mit dem Verzicht auf den Turm das Problem als gelöst ansieht, eine kritisch-fundierte Stellungnahme vorgelegt. Die unlängst bekannt gemachte Beschlussvorlage für die WHC-Sitzung („Draft Decision“) unterstreicht und konkretisiert nochmals die Forderungen. Insbesondere ist darin zentral, dass nach wie vor von der Bestandshöhe (38 Meter) als Messlatte ausgegangen wird und dass der mit dem Welterbe kompatible „visual impact“ vom Belvedere aus ausdrücklich gefordert wird.

Zudem wird eine Verankerung des Welterbeschutzes im nationalen und regionalen Recht gefordert, ein klarer Rechtsstatus des Managementplans, eine Revision des Hochhauskonzepts (Ausschluss nicht nur in der Inneren Stadt, wie im Gemeinderatsbeschluss von 2017, sondern in der gesamten Kern- und Pufferzone plus Sichtachsen) einschließlich „Masterplan Glacis“ und ein neues „Heritage Impact Assessment“ (HIA), das den Methoden von 2019 folgt. So halten die Draft Decisions den Druck auf die Entscheidungsträger aufrecht, die bisherige das Welterbe zerstörende Planungspolitik aufzugeben.

Das sollte ein Hoffnungsschimmer sein. Aber es ist auch klar, wie sehr es zur Umsetzung der guten Koordinierung und Zusammenarbeit der internationalen mit den nationalen und regionalen Behörden beziehungsweise den politisch Verantwortlichen bedarf.

Appell an Grüne und Neos

An Justizministerin Alma Zadić wäre angesichts der zahlreichen laufenden Verfahren in der Causa Heumarkt zu appellieren, die Ermittlungen voranzutreiben, bevor die Stadt Wien die nächsten Schritte in die falsche Richtung setzt.

Vizekanzler Werner Kogler hätte es als Kulturminister in der Hand, die Stadt Wien per Weisung zur Einhaltung des völkerrechtlichen Vertrags und somit zum Stopp des Hochhausprojekts zu veranlassen. Die Grünen hätten als Partei insgesamt also einiges an Image zu reparieren.

Und die Neos könnten als nunmehriger Juniorpartner einer „Fortschrittskoalition“ zeigen, dass sie ihre Ideale von „Transparenz/Bürgernähe/Neustart statt Comeback“ auch gegenüber einem übermächtigen Partner artikulieren können. Das von der Unesco geforderte „Revised Design of the Heumarkt Neu Project“ unter Berücksichtigung der Welterbe-Vorgaben sollte eigentlich genau ihren Vorstellungen entsprechen.

Wir plädieren für einen Neustart des Projekts in Übereinstimmung mit den Vorgaben der Unesco und unter adäquaten Rahmenbedingungen!

Die Unterzeichner:

Marion Diederichs-Lafite, Verlegerin und Musikpublizistin

Irmgard Griss, ehemalige OGH-Präsidentin und Präsidentschaftskandidatin der Neos

Maria Auböck, Präsidentin der ZV der Architektinnen Österreich

Otto Kapfinger, Architekturhistoriker

Christian Kühn, Vorsitzender der Architekturstiftung Österreich

Markus Landerer, Initiative Denkmalschutz

Norbert Mayr, Architekturhistoriker und Publizist

Andreas Vass, Vorstandsvorsitzender der Österreichischen Gesellschaft für Architektur

Angelika Zeininger, Architektin, Schulleiterin des Camillo-Sitte-Bautechnikums

Johannes Zeininger, Architekt, Vorstandsmitglied der IG-Architektur

HdGÖ (Wien): Mariahilfer Straße 2 – Stellungnahme zum Planentwurf 7773E

Initiative Denkmalschutz, 13. März 2025

Stellungnahme zum Planentwurf 7773E
Mariahilfer Straße 2 – Haus der Geschichte Österreich (hdgö) Projekt

Für das Gebiet zwischen Mariahilfer Straße (Bezirksgrenze zwischen 6. und 7. Bezirk) und Linienzug 1-5 (Grenzlinie und Baufluchtlinie) im 7. Bezirk, Katastralgemeinde Neubau

Öffentliche Auflage: 30. Jänner 2025 bis 13. März 2025

Einleitung: Grundsätzlich wird im Sinne der Erhaltung des örtlichen Stadtbildes und der Altstadterhaltung, also zur Gewährleistung des Bestandes, eine bestandsgenaue Widmung für die historisch wertvollen Objekte im Plangebiet sowohl in der Höhenentwicklung, als auch hinsichtlich der bebaubaren Fläche vorgeschlagen. Ebenso möge die Anzahl der Hauptgeschoße mit einer besonderen Bestimmung (BB) exakt dem Bestand angepasst werden. Durch diese Maßnahme – und durch die Festsetzung einer Schutzzone – wird am ehesten der Anreiz für Abbruch und Neubau vermieden.

Die Stellungnahme im Detail:

Innerhalb der Kernzone des UNESCO-Weltkulturerbes „Historisches Zentrum von Wien“ gelegen, soll im südlichen, frühhistoristischen Trakt des Museumsquartier (Mariahilfer Straße 2) und im anschließenden ersten Hof des Museumsquartier, Klosterhof genannt, das neue Haus der Geschichte Östereich (HdGÖ) entstehen, das, wie es im Erläuterungsbericht heißt: „die Zeitgeschichte Österreichs ab der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts“ vermitteln soll (S. 7).

Wiewohl die baulichen Auswirkungen des geplanten Eingriffs relativ sensibel zu sein scheinen (es fehlen zur abschließenden Beurteilung der Stadtbild- und Welterbeverträglichkeit entsprechende Visualisierungen des Projekts, insbesondere von sensiblen städtebaulichen Punkten aus), muss scharf kritisiert werden, dass dem jetzt laufenden Umwidmungsverfahren ein „Wettbewerb zur Erlangung von Planungskonzepten für die Adaptierung und Erweiterung des Bestandsgebäudes zu Museumszwecken für das Haus der Geschichte Österreich im Museumsquartier“ vorgeschaltet und sogar „die Planung einer neuen Probebühne für den ‚Dschungel Wien‘ durchgeführt“ wurde (Zitat aus dem Kapitel „Maßgebliche Entwicklungen und Planungen“ im Erläuterungsbericht auf S. 7). Gemäß Informationen des Museumsquartiers erfolgte die Auslobung dieses „Architekturwettbewerbs“, wie es auf dessen Website heißt, im März 2024 und die Bekanntgabe des Siegerprojekts im September 2024 (Quelle: „Haus der Geschichte Österreich im MuseumsQuartier wird ein nachhaltiger Holzbau“; https://www.mqw.at/institutionen/haus-der-geschichte-oesterreich, abgerufen am 13.3.2025). Jetzt heißt es süffisant: „Für die Umsetzung des Wettbewerbsergebnisses ist eine Adaptierung der Bebauungsbestimmungen erforderlich.“ (Erläuterungsbericht S. 7).

Warum jetzt im Rahmen der öffentlichen Auflage die Stadt Wien ernsthaft noch die Meinung der Wiener Bürger:innen und NGOs einholen will, wo doch längst alles lange vor dem Beschluss des Flächenwidmungs- und Bebauungsplans politisch akkordiert und de facto beschlossen wurde, muss offen bleiben. Die Abgabe einer Stellungnahme in diesem Bereich wird damit wohl zu einem reinen Formalakt ohne Wirkungsmöglichkeit degradiert. Hier hätte der Gesetzgeber in der „Bauordnung für Wien“ bereits vor dem Umwidmungsverfahren die formale Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme einfügen müssen (im Sinne eines formalen “Anhörungsrechts” und nicht nur durch informelle Informationskanäle und -veranstaltungen). Unser Verein Initiative Denkmalschutz möchte hier ausdrücklich diese seit längerem eingerissene Unsitte der Stadt Wien aufzeigen, die Bürger:innen erst dann formal in die Stadtplanung/Stadtentwicklung einzubinden, wenn unter Umgehung jeglicher Partizipationsmöglichkeit alles längst politisch ausgehandelt wurde. In diesem Sinne gehört auch der „Masterplan für eine partizipative Stadtentwicklung (2017)“ überarbeitet, auf den im Managementplan „UNESCO-Welterbe Historisches Zentrum von Wien“ (2021) verwiesen wird.

In der Stellungnahme des Fachbeirats für Stadtplanung, Stadtgestaltung und Welterbe“ (19.12.2024) heißt es: „Die Mitglieder des Fachbeirates nehmen diesen Antragsentwurf zur Kenntnis. Die Grundlagen dieses Widmungsentwurfs sind durch ein qualitätssicherndes Verfahren
(Wettbewerb) sowie durch ein Gutachten HIA von Prof Abrihan bestätigt.“ Damit sich auch die breite Öffentlichkeit und fachspezifische NGOs selbst von der Stadtbild- und Welterbverträglichkeit überzeugen können, wäre die Veröffentlichung dieses „Heritage Impact Assessment“ (HIA) Gutachtens von Architekt Prof. Dr. Cristian Abrihan (Büro für Baukulturerbe) das Mindeste. Ohne dessen Veröffentlichung kann zwar der Fachbeirat in seiner Stellungnahme zum Schluss kommen, „dass der herausragende universelle Wert (Outstanding Universal Value OUV) der UNESCO Welterbestätte ‚historisches Zentrum Wien‘, der durch die Attribute (u.a. Dachlandschaften, Stadtveduten und Ansichten) definiert ist, nicht negativ beeinträchtigt“ werde. Es gibt aber keine Möglichkeit für die Öffentlichkeit, diese Aussage auf Richtigkeit und Nachvollziehbarkeit zu prüfen.

Markus Landerer und Dr. Gerhard Hertenberger, im Namen der
Initiative Denkmalschutz, Verein für den Schutz bedrohter Kulturgüter
www.initiative-denkmalschutz.at, mobil: +43 (0)699 1024 4216
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https://twitter.com/iDenkmalschutz
Fuchsthallergasse 11/5, 1090 Wien, Österreich
email:
ZVR-Nr.: 049832110

Quellen / Links:

Haus der Geschichte Österreich im MuseumsQuartier wird ein nachhaltiger Holzbau
https://www.mqw.at/institutionen/haus-der-geschichte-oesterreich

HdGÖ – Ausblick in die Zukunft. Der neue Standort des hdgö ab 2028:
https://hdgoe.at/machbarkeitsstudie

Managementplan Welterbe Historisches Zentrum Wien:
https://www.wien.gv.at/stadtentwicklung/strategien/managementplan-welterbe.html

Masterplan für partizipative Stadtentwicklung:
https://www.wien.gv.at/stadtentwicklung/partizipation/masterplan/

Stellungnahme Planentwurf 8253 (Wien): Wichtiges Gründerzeithaus nicht für Schutzzone vorgesehen!

Am 20. Juni unternahm unser Verein Initiative Denkmalschutz einen Lokalaugenschein im Gebiet des Planentwurfs 8253. Mit Verwunderung mussten wir feststellen, dass das sehr gut erhaltene Gründerzeithaus Josefstädter Straße 99 (siehe Foto) im aktuellen Planentwurf (öffentliche Auflage 22. Mai bis 3. Juli) nicht für die Schutzzone vorgesehen ist! (Anmerkung: Seit wenigen Jahren können theoretisch auch Einzelobjekte als Schutzzone gewidmet werden: z.B. Nikolsdorfer Gasse 20 im 5. Bezirk und Darwingasse 35 im 2. Bezirk).

Initiative Denkmalschutz, 2. Juli 2020
Stellungnahme zum Entwurf Flächenwidmungs- und Bebauungsplan 8253

Für das Gebiet zwischen Josefstädter Straße, Albertgasse, Lerchenfelder Straße und Lerchenfelder Gürtel im 8. Bezirk, Katastralgemeinde Josefstadt

Einleitung: Grundsätzlich wird im Sinne der Erhaltung des örtlichen Stadtbildes und der Altstadterhaltung, also zur Gewährleistung des Bestandes, eine bestandsgenaue Widmung für die historisch wertvollen Objekte im Plangebiet sowohl in der Höhenentwicklung, als auch hinsichtlich der bebaubaren Fläche vorgeschlagen. Ebenso möge die Anzahl der Hauptgeschoße mit einer besonderen Bestimmung (BB) exakt dem Bestand angepasst werden. Dadurch wird auch am ehesten – neben der Festsetzung einer Schutzzone – der Anreiz für Abbruch und Neubau vermieden.

Anmerkung: Wir beziehen uns in dieser Stellungnahme für Schutzzonenerweiterungen primär auf die Außenerscheinung der Gebäude. Im Wissen, dass so manche Objekte eine unscheinbare bzw. im Verlauf von Jahrzehnten stark vereinfachte Fassade haben, im Inneren aber durchaus erhaltenswerte Bausubstanz aufweisen können, ist immer eine eingehende Untersuchung des Objektes notwendig. Da uns ein solcher Befund mangels Zutritt zu vielen Objekten und aus zeitlichen Gründen nicht möglich ist, empfehlen wir den Verantwortlichen, immer auch die innere Bausubstanz bei Schutzzonenerweiterungen zu berücksichtigen.

Die Stellungnahme im Einzelnen:

Erfreulich sind zunächst die Neu-Ausweisungen von Schutzzonen im aktuellen Planentwurf. Zusätzlich Aufnahme in die Schutzzone mögen folgende Gebäude finden:

Blindengasse 1A (= Lerchenfelder Gürtel 46): „Secessionistisch (…) (1900, Türe, Gitter, Ornamentkacheln)“ (Zitat Dehio)

Josefstädter Straße 99: gänzlich unverständlich, wieso dieses im Jahr 1880 errichtete Gebäude nicht für die Schutzzone vorgesehen ist: gut erhaltene, üppige gründerzeitliche Fassadengliederung. Das Gebäude bildet gemeinsam mit der Josefstädter Straße 101 ein einheitliches Gebäudeensemble

Josefstädter Straße 101 (Ecke Blindengasse 32): trotz stark reduzierter Fassadengliederung bildet dieses mächtige Eckhaus (erbaut 1880) gemeinsam mit dem benachbarten Haus Josefstädter Straße 99 eine prägnante stadtbildprägende Einheit.

Josefstädter Straße 103 (Ecke Blindengasse 31): markantes Eckhaus mit gründerzeitlich-secessionistischem Fassadendekor am Eckrisalit.

Lerchenfelder Gürtel 66: Gründerzeithaus mit reduzierter Fassadengliederung, im Inneren gut erhalten.

Lerchenfelder Straße 156: 1860 erbaut, mit frühhistoristisch, additiver Fassadengliederung. Trotz rezenter dreigeschoßiger Aufstockung bleibt der zweistöckige frühhistoristische Gebäuteil erhaltenswert.

Lerchenfelder Straße 162 / Ecke Blindengasse 2 möge trotz reduzierter Fassadengliederung ebenso in die Schutzzone Aufnahme finden. Im Inneren noch ältere Teile gut erhalten.

Stolzenthalergasse 4: Mächtiges Gründerzeithaus mit reduzierter Fassadengliederung. Dieses Gebäude sollte im Sinne eines sonst weitgehend geschlossenen Straßenensembles ebenso als Schutzzone ausgewiesen werden – So wie auch mehrere weitere mit reduzierter Fassadengliederung, die als Teil eines Ensemble sehr wohl in diesem Planentwurf für eine Schutzzone vorgesehen sind. Auch das benachbarte Eckhaus Stolzenthalergasse 2 (Ecke Lerchenfelder Straße 132), ebenso mit reduzierter Fassadengliederung, ist im aktuellen Planentwurf sehr wohl für die Schutzzone vorgesehen.

Stolzenthalergasse 10-12 (Ecke Pfeilgasse 37): 1859, Fassadierung 1910.

Zu prüfen wäre auch noch das Gebäude:

Blindengasse 29: historische Fassade verloren, Eingangstor noch erhalten. Im Inneren erhaltenswert?.

Abschließend wird vorgeschlagen für die Schutzzone die entsprechenden Architekturteile in einen Katalog nach § 7 (4) Wiener Bauordnung aufzunehmen, sodass auch diese einen rechtsverbindlichen Bestandteil des Bebauungsplanes bilden.

Markus Landerer und Claus Süss
im Namen der Initiative Denkmalschutz

Initiative Denkmalschutz
Verein für den Schutz bedrohter Kulturgüter
Fuchsthallergasse 11/5
1090 Wien, Österreich
(ZVR-Nr.: 049 832 110)

Paragrah

Wien: Stellungnahme Bauordnungsnovelle 2021 – Initiative Denkmalschutz

Wien, 20. September 2021

Stellungnahme der Initiative Denkmalschutz zum Entwurf eines Gesetzes, mit dem die Bauordnung für Wien geändert wird

Die Initiative Denkmalschutz gibt folgende Stellungnahme ab:

Allgemein: Transparenz und Informationszugang

Die Initiative Denkmalschutz fordert Transparenz und Informationszugang für alle Bürger sowie Parteistellung für NGOs in allen baurechtlichen Verfahren ein, die das öffentliche Interesse im Sinne der Stadtbilderhaltung und des Kulturgüterschutzes betreffen. Weiters eine bürgerfreundlichere und extensivere Handhabung bzw. allfällige Novellierung des Wiener Auskunftspflichtgesetzes in dieser Hinsicht. Im Zweifel sind die Bestimmungen dieses Gesetzes zu Gunsten des um Auskunft Ersuchenden anzuwenden (vgl. Petition der Initiative Denkmalschutz: „Wirkungsvoller Schutz für historische Bauten und das Ortsbild in Schutzzonen“, Punkt 2; eingebracht am 21. August 2013).

ad § 1 Abs. 2 Festsetzung und Abänderung der Flächenwidmungs- und Bebauungspläne – Ziele

– Zeile 16

Festsetzung bzw. Abänderung der Flächenwidmungs- und Bebauungspläne: Sehr begrüßt wird die Aufnahme des Ziels: „Schutz der UNESCO-Welterbestätten in ihrem außergewöhnlichen universellen Wert“. Diese Formulierung erachtet unser Verein Initiative Denkmalschutz allerdings als zu allgemein gehalten, ergänzt werden soll daher: „gemäß UNESCO-Welterbe Konvention (UNESCO Convention Concerning the Protection of the World Cultural and Natural Heritage) sowie der dazugehörigen offiziellen Managementpläne der Welterbestätten. Ausschluss von Hochhausbebauungen in Kern- und Pufferzonen der UNESCO-Welterbestätten.“

– Zeile 18

Es möge Zeile 18 ergänzt werden: „Schutz und Erhalt von Kulturgütern und Kulturlandschaften im Sinne der Denkmal-, Orts- und Stadtbildpflege (insbesondere hinsichtlich denkmalschutzrelevante Aspekte).“

Begründung: Allzu oft wird bei Festsetzung und Abänderung der Flächenwidmungspläne und insbesondere der Bebauungspläne viel zu wenig Rücksicht genommen auf denkmalschutzrelevante Aspekte, sodass z.B. durch überdimensionierte Bebauungspläne Anreize für nachteilige bauliche Überformungen, Abbrüche oder schwere visuelle Beeinträchtigungen von denkmalgeschützter bzw. kulturhistorisch bedeutender Bausubstanz geschaffen werden.

ad § 2 Abs. 5 Änderung der Flächenwidmungs- und Bebauungspläne

– Digitalisierung und Rechtsverbindlichkeit
Es möge die öffentliche Auflage „Änderung der Flächenwidmungs- und Bebauungspläne“ online eine Rechtsverbindlichkeit erhalten (Begründung: Es ist nicht nur einmal vorgekommen, dass wichtige Beilagen (z.B. Unterlagen zur Umweltprüfung) erst verspätet online veröffentlicht wurden). Ebenso möge das Amtsblatt endlich online veröffentlicht werden (wie in vielen anderen Gemeinden, Beispiel: „Elektronisches Amtsblatt der Landeshauptstadt Salzburg“). Ebenso möge der online abrufbare Flächenwidmungs- und Bebauungsplan Rechtsverbindlichkeit erhalten.

– Frist Abgabe Stellungnahmen Bürger_innen sowie der örtlichen Bezirksvertretung
Unser Verein Initiative Denkmalschutz – der bekanntermaßen seit seiner Gründung 2008 Dutzende Stellungnahmen abgegeben hat – fordert, die Frist für die Abgabe der Stellungnahmen der Bürgerinnen, Bürger und NGOs sowie der jeweiligen örtlichen Bezirksvertretung zu Änderungen der Flächenwidmungs- und Bebauungspläne aufeinander zeitlich abzustimmen. D.h. es wäre zu garantieren, dass die örtliche Bezirksvertretung erst nach Ende der öffentlichen Auflagefrist ihre Stellungnahme beschließt. Dabei wäre zusätzlich darauf zu achten, dass alle im Rahmen der öffentlichen Auflagefrist abgegebenen Stellungnahmen auch den jeweiligen Bauausschussmitgliedern der Bezirke – vor ihrer abschließenden ‘Vorberatung zur Abgabe der Bezirksstellungnahme’ in ihrer Bauausschusssitzung – zur Kenntnis gebracht werden, um diese ggf. inhaltlich in die Bezirksstellungnahme einfließen lassen zu können. Die Stellungnahmen der Bürgerinnen, Bürger und NGOs sollen hierbei auch im Originaltext den Bauausschussmitgliedern der Bezirke übermittelt werden, und nicht (nur) in einer verkürzten, potenziell sinnveränderten „Zusammenfassung“, wie es derzeit manchmal geschieht. Die Änderung der Bauordnung vom Dezember 2018 (LGBl. Nr. 69/2018 ) hat – mit einer Verkürzung der Frist für die örtlichen Bezirksvertretungen von drei auf zwei Monate – diese Problematik noch verschärft. Auch die qualitative Unterscheidung zwischen “wesentlichen” und “unwesentlichen” Abänderungen von Flächenwidmungs- und Bebauungsplänen – wie damals beschlossen – möge aus oben genannten Gründen ebenso rückgängig gemacht werden. Denn diese Unterscheidung öffnet einer gewissen Willkür, was als “wesentlich” und “unwesentlich” zu gelten hat, Tür und Tor (so könnten auch heikle Gebiete in mehrere kleine “unwesentliche” Änderungen aufgesplittet werden), was die Rechte der Bürger noch mehr reduziert (Fristverkürzung für die Bürgerinnen und Bürger auf vier Wochen, Verkürzung der Frist für die Bezirke auf einen Monat; keine Möglichkeit mehr des Studiums der Stellungnahme des Fachbeirates für Stadtplanung und Stadtgestaltung, weil nicht mehr vorgesehen).

Begründung: Die in die Bezirksvertretung gewählten Mandatare sollen die politischen Interessen der Bevölkerung im Bezirk nach bestem Wissen und Gewissen vertreten. Sie sind mit den örtlichen Gegebenheiten bestens vertraut und können die Stellungnahmen der Bürger und NGOs besonders gut beurteilen. Daher wäre es zielführender, wenn die Bezirksvertreter diese Stellungnahmen in ihren eigenen Stellungnahmen berücksichtigen können. Dies ist aber nur dann gewährleistet, wenn die öffentliche Auflagefrist abgewartet wird. Die Stellungnahme der Bezirksvertretung bildet eine sehr wichtige Grundlage für den Gemeinderatsbeschluss und hat wesentlichen Einfluss auf das Abstimmungsverhalten der Gemeinderäte. Stellungnahmen der Bürger haben, wenn sie in die Bezirksstellungnahme einfließen, viel größere Aussichten, im Gemeinderatsbeschluss indirekt berücksichtigt zu werden. Dies wäre ein erster Schritt, die Beteiligung der Öffentlichkeit in Wien ernster zu nehmen, zumal sich die Stadt Wien 1996 mit dem Beitritt zur Charta von Aalborg sogar verpflichtet(!) hat, die Bürger „an den lokalen Entscheidungsprozessen“ zu beteiligen. Die zum Teil vorherrschende Praxis in den Bezirken, vor Ende der öffentlichen Auflagefrist Stellungnahmen der Bezirksvertretung abschließend zu beraten und zu beschließen, stößt hingegen viele Bürger vor den Kopf. Wenn nicht einmal die Bezirkspolitiker Interesse an der Meinung der Bürgerinnen und Bürger haben, warum sollte dann der Gemeinderat größeres Interesse an einzelnen Stellungnahmen zeigen?

ad § 3: Fachbeirat

Aus Sicht der Initiative Denkmalschutz wäre es unbedingt notwendig, dass auch entsprechende Ersatzmitglieder der einzelnen Fachbereiche bestellt werden. Beim Fachmann auf dem „Gebiet des Denkmalwesens“ wäre es wichtig, dass eines der beiden (Ersatz-/)Mitglieder nicht gleichzeitig eine Funktion im Bundesdenkmalamt innehat, um mögliche Befangenheiten weitgehend auszuschließen.

Begründung: Es kommt immer wieder vor, dass sich einzelne Fachexperten für Befangen erklären, sodass das entsprechende Fachgebiet in der Fachbeiratsstellungnahme keinerlei Berücksichtigung finden kann. So geschehen schon mehrfach beim Experten auf dem Gebiet des Denkmalwesens (Beispiel: Planentwurf Nr. 8139, 1. Fachbeiratsstellungnahme aus 2016; denkmalgeschütztes, ehemaliges Otto Wagner Spital Areal am Steinhof im 14. Bezirk; Plandokument Nr. 8048 aus 2017, denkmalgeschütztes Spital beim Elisabethinenkloster an der Landstraßer Hauptstraße 4a im 3. Bezirk), aber auch auf dem Gebiet der Raumplanung (Beispiel: Plandokument 8177 aus 2016, Laxenburger Straße 244-256 im 23. Bezirk).

ad § 60 Abs. 1 lit. d: Abbruch von Bauwerken

Wirtschaftliche Zumutbarkeit

Notwendige Adaptierung/Verbesserung im Hinblick auf den Stadtbildschutz bzgl. Begründungen für Abbruchbewilligungen von Bauwerken trotz Feststellung der Erhaltungswürdigkeit durch die Magistratsabteilung 19 (Architektur und Stadtgestaltung). Derzeitige Formulierung: „Für Bauwerke in Schutzzonen und Gebäude (…) darf die Abbruchbewilligung nur erteilt werden, wenn (…) sein Bauzustand derart schlecht ist, dass die Instandsetzung technisch unmöglich ist oder nur durch wirtschaftlich unzumutbare Aufwendungen bewirkt werden kann.“ Insbesondere wie die Kriterien der „wirtschaftlich unzumutbaren Aufwendungen“ definiert werden, liegt in der Bauordnung im Dunkeln. Beispiel: In der Stadt Salzburg konnte bisher in einem Wirtschaftlichkeitsgutachten der Vergleich der Nutzfläche des Altbaus zum Neubau hinzugerechnet werden, sodass eine in seiner Nutzfläche deutlich vergrößerte Neubauplanung sehr rasch zu einer „Unwirtschaftlichkeit“ gegenüber der Erhaltung des Altbaus führte. In Hinkunft sollen die Kriterien in Salzburg dahingehend geändert werden, dass nur mehr die gleiche Nutzfläche von Alt- und Neubau verglichen werden darf, so das Vorhaben der Salzburger Vizebürgermeisterin Barbara Unterkofler (in: Salzburger Nachrichten vom 8. Mai 2020, Beilage Lokalausgabe: „Erhaltungsgebot wird durch Weisung gestärkt. Strengere Richtlinien sollen weitere Abrisse der Häuser in der Stadt Salzburg verhindern“).

Begründung: Allzu oft werden Bewilligungen für erhaltenswürdige, historisch bedeutende Gebäude erteilt, obwohl die zuständige MA 19 die Erhaltungswürdigkeit festgestellt hat (z.B. 2020 die Bewilligung zum Abbruch des historischen Klinikgebäudes der ehemaligen 1. Medizinischen Klinik in der Lazarettgasse 14 bzw. am Lazarettgassenweg im 9. Bezirk).
Hier müsste bei Feststellung „öffentliches Interesse“ durch die Magistratsabteilung 19 (Architektur und Stadtgestaltung) diesem Faktum Vorrang gegeben werden vor der Entscheidung der Magistratsabteilung 37 (Baupolizei) auf Erteilung der Abbruchbewilligung, insbesondere unter dem Aspekt des § 129 Abs. 2 Bauordnung für Wien. Darin wird festgehalten, dass der Eigentümer ohnedies dafür zu sorgen hat, „dass die Bauwerke (…) in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften dieser Bauordnung entsprechendem Zustand erhalten werden (…)“.
Unser Verein hat dies bereits in der Petition „Wirkungsvoller Schutz für historische Bauten und das Ortsbild in Schutzzonen“ (eingebracht am 21. August 2013; Punkt 3: „Vorrang bei Feststellung ‚öffentliches Interesse‘ durch die Magistratsabteilung 19 (Architektur und Stadtgestaltung) vor der Entscheidung der Magistratsabteilung 37 (Baupolizei) auf Erteilung einer Abbruchbewilligung“) explizit gefordert.
Wie kann es also sein, dass allzu oft erhaltenswerte Altbauten trotz Feststellung der Erhaltungswürdigkeit abgerissen werden? Warum gibt es keine wirkungsvollen Konsequenzen bei offensichtlicher Vernachlässigung der Gebäudeerhaltung bzw. werden diese seitens der Baupolizei nicht angewendet, sodass der „Bauzustand“ mancher Gebäude „derart schlecht“ werden kann?

Wirkung auf das örtliche Stadtbild versus baukulturelle Bedeutung

„Für Bauwerke in Schutzzonen und Gebäude, die vor dem 1.1.1945 errichtet wurden, darf die Abbruchbewilligung nur erteilt werden, wenn an der Erhaltung des Bauwerkes infolge seiner Wirkung auf das örtliche Stadtbild kein öffentliches Interesse besteht (…).“ Das heißt, nicht die baukulturelle Bedeutung des historischen Bauwerks ist für die Erhaltung von Relevanz, sondern „seine Wirkung auf das örtliche Stadtbild“. So kann es vorkommen, dass kulturell erhaltenswerte Altbauten abgerissen werden dürfen, allein weil diese vom öffentlichen Straßengrund aus nicht sichtbar sind (mit dieser Begründung durfte die Baldia-Villa im Hütteldorfer Cottage (Freyenthurmgasse 16, 1140 Wien) im Herbst 2020 abgerissen werden, vgl. https://www.initiative-denkmalschutz.at/berichte/huetteldorfer-cottage-wien-verwaltungsgericht-bestaetigt-villenabbruch bzw. Erkenntnis des Verwaltungsgericht Wien (26.8.2020, GZ: VGW-111/078/7881/2019-9, Seite 13 ff.): http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at/Content.Node/rechtsprechung/111-078-7881-2019.pdf). Es wird daher nachdrücklich empfohlen, hinsichtlich der Erhaltungswürdigkeit zusätzlich auch die baukulturelle Bedeutung des historischen Gebäudes zu berücksichtigen und die Bauordnung entsprechend zu adaptieren. In diese Beurteilung der baukulturellen Bedeutung soll auch das Innere des Gebäudes Berücksichtigung finden, so wie es dem Vernehmen nach in früheren Jahrzehnten auch der Fall war. Begründung: Immer öfter werden ganze Gründerzeitbauten vollständig entkernt, obwohl die innere Baustruktur und -gestaltung klar erhaltungswürdig sind.

Erhaltungswürdigkeit auch für Bauten nach 1945

Weiters wird angeregt, dass die Prüfung hinsichtlich Erhaltungswürdigkeit („Bestätigung des Magistrats“; MA 19), die bisher auf vor dem Stichtag 1.1.1945 errichtete Bauten beschränkt ist, auch bei Bauten der Nachkriegszeit und der Moderne zur Anwendung kommt.

ad § 70a: Vereinfachtes Baubewilligungsverfahren

Die Einreichungen der Bauvorhaben mögen im Amtsblatt veröffentlicht werden, damit die Anrainer ihre Rechte wahrnehmen können, was bei einem vereinfachten Verfahren wie beim § 70 a besonders wichtig wäre.

ad § 81: Gebäudehöhe und Gebäudeumrisse; Bemessung

Es wird vorgeschlagen, dass der oberste Abschluss des Daches, sofern der Bebauungsplan nichts anderes bestimmt, grundsätzlich(!) nicht höher als 4,5 m sein soll (und nicht wie im Gesetzesentwurf vorgesehen zum Teil bis 7,5 m); dies betrifft Absatz 1-3. Die Änderung der Giebelfächenberechnung wird grundsätzlich begrüßt, doch soll diese für alle Bauweisen gelten (also auch für Gruppen- und geschlossene Bauweise). Insbesondere im Hinblick auf die historischen, alten Ortskerne in den Vororten wäre dies von großer Bedeutung.

ad § 135: Baustrafen

Grundsätzliches Ziel muss sein: Verschärfung von Strafen und darüber hinausgehende Sanktionen bei Bauordnungswidrigkeiten zum Zweck einer tatsächlich abschreckenden Wirkung (wie die Wiederherstellung eines zerstörten Hauses), statt Geldstrafen in der Höhe von „Beträgen aus der Portokasse“. Die in § 135 Abs. 3 Zeile 2 vorgesehene „Geldstrafe von bis zu 200.000 Euro” erachtet unser Verein Initiative Denkmalschutz daher als viel zu gering („Dem Vernehmen nach war ursprünglich eine höhere Mindeststrafe im Gespräch“, heißt es auch im „Der Standard“ vom 25.8.2021: „Gesetzesänderung: Novelle der Wiener Bauordnung: Zerstörung alter Häuser wird teurer“). Unser Verein Initiative Denkmalschutz erachtet die vorgesehene Geldstrafe insbesondere in solchen Fällen für viel zu gering, wenn mit dem Neubau nicht nur eine sehr große Baukubatur erzielt werden kann, sondern auch das restriktive Mietrecht für Altbauten vor 1945 nicht mehr gilt (letzteres eigentlich so gut wie immer der Fall). Daher wäre eine Geldstrafe von z.B. mindestens 200.000 Euro bis zu 2 Mio. € anzustreben. Unbedingtes Ziel muss es sein, dass die Summen abschreckend sind. Auch möge die Einschränkung auf „Vorsatz“ unbedingt aus dem Gesetz gestrichen werden (so wie es jetzt im Gesetzesentwurf § 135 Abs. 3 vorgesehen ist). Ein Vorsatz ist nur sehr schwer nachzuweisen und bietet daher ein Leichtes, der Schärfe des Gesetzes zu entgehen. Ebenso möge diese Schärfe des Gesetzes auch für § 135 Abs. 2 Zeile 1 gelten bzgl. Veränderung ohne Bewilligung von Gebäuden, die in Schutzzonen liegen (gemäß § 60 Abs. 1 lit. e: „Änderungen an Gebäuden in Schutzzonen, die die äußere Gestaltung, den Charakter oder den Stil eines Gebäudes beeinflussen.“). Auch im Hinblick auf das (absichtliche) Verfallen lassen wäre eine Verschärfung im Sinne des Stadtbildschutzes und der Altstadterhaltung von besonders großer Bedeutung. (vgl. auch Petition „Wirkungsvoller Schutz für historische Bauten und das Ortsbild in Schutzzonen“, Punkt 5 (eingebracht am 21. August 2013).

Eine weitere Forderung der Initiative Denkmalschutz lautet: Informationsfreiheit für Bürger, die wirksam gewordenen Sanktionen zu erfahren (Beispiel: Illegaler Abbruch in Neustift am Walde 58 im Jahr 2007. Auskunft dazu wurde unserem Verein verwehrt. Vgl. auch OTS „Baupolizei stellt illegale Abbrucharbeiten in Schutzzone ein!“ vom 17. April 2007: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20070417_OTS0220).

Markus Landerer und Dr. Gerhard Hertenberger
im Namen der Initiative Denkmalschutz

Initiative Denkmalschutz
Verein für den Schutz bedrohter Kulturgüter
www.initiative-denkmalschutz.at
Fuchsthallergasse 11/5, 1090 Wien, Österreich
email:
(ZVR-Nr.: 049832110)

PS: Die Auflagefrist für das Begutachtungsverfahren: “Gesetz, mit dem die Bauordnung für Wien geändert wird (Bauordnungsnovelle 2021)” war vom 23. August 2021 bis 20. September 2021.

Khleslplatz, An den Eisteichen (Wien): Stellungnahme zum Planentwurf 8387

Initiative Denkmalschutz, 13. März 2025

Stellungnahme zum Planentwurf 8387
Khleslplatz, An den Eisteichen

Für das Gebiet zwischen Hoffingergasse, Linienzug 1-3, Hetzendorfer Straße, Khleslplatz,
Hetzendorfer Straße, Linienzug 4-6, Khleslplatz und Oswaldgasse im 12. Bezirk, Kat. G. Altmannsdorf

Öffentliche Auflage: 30. Jänner 2025 bis 13. März 2025

Einleitung: Grundsätzlich wird im Sinne der Erhaltung des örtlichen Stadtbildes und der Altstadterhaltung, also zur Gewährleistung des Bestandes, eine bestandsgenaue Widmung für die historisch wertvollen Objekte im Plangebiet sowohl in der Höhenentwicklung, als auch hinsichtlich der bebaubaren Fläche vorgeschlagen. Ebenso möge die Anzahl der Hauptgeschoße mit einer besonderen Bestimmung (BB) exakt dem Bestand angepasst werden. Durch diese Maßnahme – und durch die Festsetzung einer Schutzzone – wird am ehesten der Anreiz für Abbruch und Neubau vermieden.

Anmerkung: Auch wenn folgende Empfehlung formalrechtlich nicht Teil der Stellungnahme sein kann, so möchte die Initiative Denkmalschutz dennoch betonen, dass die hier in der Stellungnahme gegebenenfalls vorgeschlagenen Einschränkungen der Bebaubarkeit im Sinne der Erhaltung des historischen Stadtbildes immer mit entsprechenden Förderungen und Ausgleichsmaßnahmen seitens der Stadt Wien einhergehen müssen, sodass den Eigentümern dadurch keine Nachteile entstehen (z.B. Planwertausgleich, Mehrwertabgabe/-umverteilung bei Umwidmungsgewinnen / Wertsteigerungen).*

* Vgl.: Laura Sidonie Mayr, Das Instrument der Mehrwertabgabe – Ein potentielles Anwendungsmodell für Österreich (Kurzzusammenfassung der Ergebnisse der Diplomarbeit: „Die Mehrwertabgabe in der Raumplanung: Abschöpfung von Widmungsgewinnen als potentielles Instrument für Österreich“, 2018, TU Wien). In: „Der öffentliche Sektor – The Public Sector“, 2018, Vol. 44(2), Seite 39-49. (https://oes.tuwien.ac.at/article/484/galley/484/view)

Die Stellungnahme im Detail:

Zur Bedeutung des Khleslplatzes:

Der Khleslplatz, bis 1894 Kirchenplatz genannt, bildet den historischen Ortskern von Altmannsdorf und war ursprünglich ein Dreieckangerdorf, das auch heute noch durch überwiegend niedrige, ein- bis zweigschoßige Häuser charakterisiert wird (der Dreieckangerplatz stammt aus der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts). Der heutige Khleslplatz wurde bereits 1973 (gemeinsam mit dem Spittelberg) zur ersten Schutzzone Wiens erklärt und bekommt schon durch dieses frühzeitige Anerkennen seines erhaltenswerten Ensemblecharakters eine zusätzliche besondere Bedeutung.

Hauptkritikpunkte: Khleslpatz 3 und Khleslplatz 8 (Hetzendorfer Straße 10)

Auf den Grundstücken Khleslplatz 8 (Grundstücksnr. 23) und Khleslplatz 3 (Grundstücksnr. 39 und 38/3) sollen auf zwei im aktuell gültigen Plandokument Nr. 7521 als „Grünland“ gewidmeten Flächen (mit der ausdrücklichen Untersagung zur Errichtung von ober- und unterirdischen Gebäuden; „BB 8“) im vorliegenden Planentwurf plötzlich Bauflächenwidmungen mit „W II“ ausgewiesen werden.

Khleslplatz 8, 1120 Wien

Khleslplatz 8, Foto: 8. März 2025, (c) Initiative Denkmalschutz

Das würde einer für den Platz sehr großen Bauhöhe von 12 Meter entsprechen, bis zum möglichen Dachfirst sogar 16,5 m. Eine solch gravierende Abkehr von der aktuell gültigen Widmung ist sachlich schwer nachvollziehbar, zumal die beiden Gebäude, auch wenn etwas vom Khleslplatz abgerückt, eine negative Wirkung auf den Gesamteindruck des Platzes verursachen würden. Insbesondere bei Khleslplatz 8 würde der Neubau den historischen, ebenerdigen Trakt deutlich überragen und sich sehr negativ auf das historische Platzbild auswirken (dies im Erläuterungsbericht auf S. 7 als eine „sensible[!] Nachverdichtung“ darzustellen, entbehrt nicht einer gewissen Ironie). Im Zuge der geplanten, neuen Bauflächenausweisung am Khleslplatz 3 soll sogar die Schutzzone verkleinert werden (detto auf Grundstücknr. 37 bei Khleslplatz 2), was seitens der Initiative Denkmalschutz strikt abgelehnt wird. Begrüßt wird die niedrigere Bauhöhenwidmung des Straßentrakts, nur mehr 3,5 m statt aktuell gültig 5,5 m, besser wäre es aber noch stärker auf die Bestandshöhe zu reduzieren (ca. knapp 3 m). Im Gegenzug wird offenbar die Baufläche des südlichen Seitentrakts vergrößert und der nördliche Seitentrakt nach Osten etwas verlängert (ein wenig zu stark vergrößert und verlängert).

Khleslplatz 3, 1120 Wien

Khleslplatz 3, Foto: 8. März 2025, (c) Initiative Denkmalschutz

Im Zuge der Besprechungen mit Mitarbeiter:innen der Stadtplanung im Rahmen der öffentlichen Planentwurfspräsentation im Amtshaus (6. und 25.2.) bekam man den Eindruck, dass die Umwidmung der beiden Grundstücke Khleslplatz 3 und Khleslplatz 8 mit dem privaten Grundstück „An den Eisteichen 5“ (Grundstücksnr. 271/5), das für die Errichtung der neuen AHS „An den Eisteichen“ benötigt wird, als gegenseitige Bedingung zwingend verknüpft wurde. Dies scheint sich zu bestätigen in der Darstellung des ORF Radio Wien Stadtjournals vom 8. März (7:30 Uhr), darin heißt es: „Bezirksvorsteher Wilfried Zankl von der SPÖ sagt, dass die geplante AHS dringend notwendig für den Bezirk sei, diese könne allerdings erst gebaut werden, wenn die Schutzzone verkleinert worden ist.“ Falls eine solche Vorgehensweise zutreffen sollte, zwei Umwidmungen am Khleslplatz (mit Verkleinerung der Schutzzone) im Abtausch mit der Ermöglichung der Errichtung der AHS kann unmöglich den allgemeinen Richtlinien einer sachlichen und objekten Stadtplanung entsprechen. Diese Vorgehensweise wird aufs Schärfste kritisiert.

Weitere, wesentliche Punkte: Khleslplatz 9 und Schüttkasten „An den Eisteichen “

Khleslplatz 9: Das ebenerdige Vorstadthaus mit seiner frühhistoristischen Fassadengliederung ist mit Bauklasse W I 7, 5 m viel zu hoch gewidmet. Auch wenn dieser Bebauungsplan bereits im aktuell gültigen Plandokument so ausgewiesen ist, wird dringend und nachdrücklich angeregt, im Sinne des Stadtbildschutzes die Höhenwidmung möglichst genau dem Bestand anzupassen (ca. W I 3,5 m).

Khleslplatz 9 mit seiner frühhistoristischen Fassade

Khleslplatz 9, Teil der ältesten Schutzzone Wiens, Foto: 8. März 2025, (c) Initiative Denkmalschutz

Schüttkasten „An den Eisteichen“: Der historische Schüttkasten, direkt neben der Ubahn-Linie U6 gelegen (bei „An den Eisteichen Nr. 5)“, ist der letzte von ursprünglich mehreren Wirtschaftsgebäuden der historischen Schlossanlage Altmannsdorf, der sich erhalten hat. Sehr begrüßt wird die erstmalige Ausweisung als Schutzzone im aktuellen Planentwurf. Kritisch gesehen wird die Ausweisung der nördlich benachbarten Fläche als „GB GVI 7,5 m“ im aktuell vorliegenden Planentwurf. Es wird vorgeschlagen – so wie im Gründruck/Vorentwurf (des Planentwurfs; Juli 2024) – diese Fläche nur mit Bauklasse I beschränkt auf 3,5 m auszuweisen (also 4 Meter niedriger), um die Wahrnehmbarkeit des historischen Schüttkastens besser zur Geltung zu bringen. Wieso im aktuellen Planentwurf (Rotdruck) die Höhe von 7,5 m nötig sein soll, erschließt sich unserem Verein nicht, zumal die Höhe von 3,5 m für die Umsetzung des benachbarten Schulneubaus (Jurierung des Siegerprojekts war im Februar 2024) völlig ausreichend ist.

Schüttkasten An den Eisteichen, 1120 Wien

Schüttkasten “An den Eisteichen” (bei Nr. 5), Foto: 8. März 2025, (c) Initiative Denkmalschutz

Weitere Anregungen:

Khleslplatz 2: Die platzseitigen Trakte sind im aktuellen Planentwuf zu hoch ausgewiesen (im aktuell gültigen Plandokument W I 5,5 m und jetzt im Planentwurf wieder W I 5,5 m vorgesehen). Diese sollten auf Bestandshöhe (ca. 4 m bis 5 m ?) gewidmet werden, was vor allem im Sinne des historischen Platzcharakters wichtig wäre. Die Schutzzonenverkleinerung im hinteren Bereich wird abgelehnt (Grundstücknr. 37; vgl. Kommentar zu Khleslplatz 3).

Khleslplatz 2, 1120 Wien

Khleslplatz 2, erbaut um 1820, zum Platz vorragender giebelständiger Wohntrakt (Lisenengliederung, barockisierende Parapete), seitlich zurückgestufter Tortrakt, breites Rechteckportal flankiert von toskanischen Säulen (Spolien, 17. Jh.?); hofseitig Glashaus-Aufbau, 20. Jh. (Quelle: Dehio, BDA), Foto: 8. März 2025, (c) Initiative Denkmalschutz

Hetzendorfer Straße 8 (neben Khleslplatz 3): im Planentwurf ist eine Erhöhung auf W I 6 m (von W I 5,5 m) vorgesehen, auf jeden Fall sollte es bestandsgenau gewidmet werden (ca. 5,5 m?). Die Bauhöhe im Bebauungsplan ist bei den Trakten zum Khleslplatz bzw. zur Hetzendorfer Straße hin zu hoch. Hier sollte die Höhe möglichst bestandsgenau ausgewiesen werden (W I ca. 4 m).

Hetzendorfer Straße 6: Bei diesem Vorstadthaus mit seiner historistischen Fassade aus 1904 möge die gewidmete Bauhöhe möglichst bestandsgenau bei W I 5,5 m belassen bleiben (statt wie jetzt im Planentwurf vorgesehen W I 6 m).

Hetzendorfer Straße 6, 1120 Wien

Hetzendorfer Straße 6 mit historistischer Fassade aus 1904, Foto: 8. März 2025, (c) Initiative Denkmalschutz

Oswaldgasse 75 (neben Khleslplatz 1): Hier wird die Grünland-Widmung im Innenhof begrüßt (bis jetzt gültig „W I 5,5 m“).

Abschließend wird nachdrücklich vorgeschlagen, für die Schutzzone die entsprechenden Architekturteile in einen Katalog nach § 7 (4) Wiener Bauordnung aufzunehmen, sodass auch diese einen rechtsverbindlichen Bestandteil des Bebauungsplanes bilden.

Scharf kritisiert werden muss bei der Stellungnahme des Fachbeirats für Stadtplanung, Stadtgestaltung und Welterbe (13. November 2024), dass sich der Experte auf dem Fachgebiet Landschaftsarchitektur, Herr Dipl.-Ing. Karl Grimm, für Befangen erklärt hat. Dieses Fachgebiet wäre aber besonders wichtig gewesen, da es beim vorliegenden Planentwurf um die Verbauung von großen Flächen von Grünland geht; umso unverständlicher, dass bei Befangenheiten von Fachbeiratsmitgliedern keine Ersatzmitglieder vorgesehen sind.

Realisierungswettbewerb als „Fait accompli“ – „Anhörungsrecht“ wird zur Makulatur!

Da der Standort „An den Eisteichen“ seit 1971 als Schulstandort vorgesehen ist (vgl. Erläuterungsbericht S. 5) und bereits ein Realisierungswettbewerb seitens der Bundesimmobiliengesellschat (BIG) durchgeführt wurde, den die S.E.A. Shibukawa Eder Architects ZT GmbH im Rahmen der Jurierung im Februar 2024 gewonnen hat (vgl. Erläuterungsbericht S. 5 bzw. https://www.sea.gmbh/projekt/brg-an-den-eisteichen/ und https://www.wien.gv.at/stadtplanung/schule-an-den-eisteichen) und die Verbauung ohnehin besiegelt zu sein scheint, wird die Abgabe einer Stellungnahme zur Umwidmung in diesem Bereich zur reinen Makulatur, also absolut sinnlos. Warum hier die Stadt Wien ernsthaft noch die Meinung der Wiener Bürger:innen und NGOs im Rahmen der öffentlichen Auflage einholen will, wo doch längst alles lange vor dem Beschluss des Flächenwidmungs- und Bebauungsplans politisch akkordiert und quasi beschlossen wurde, muss offen bleiben. Die Abgabe einer solchen Stellungnahme in diesem Bereich wird damit wohl zu einem reinen Formalakt ohne Wirkungsmöglichkeit degradiert. Hier hätte der Gesetzgeber in der „Bauordnung für Wien“ bereits vor dem Umwidmungsverfahren die formale Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme einfügen müssen (im Sinne eines formalen “Anhörungsrechts” und nicht nur durch informelle Informationskanäle und -veranstaltungen). Unser Verein Initiative Denkmalschutz möchte hier ausdrücklich diese seit längerem eingerissene Unsitte der Stadt Wien aufzeigen, die Bürger:innen erst dann formal in die Stadtplanung/Stadtentwicklung einzubinden, wenn unter Umgehung jeglicher Partizipationsmöglichkeit alles längst politisch ausgehandelt wurde.

Markus Landerer und Dr. Gerhard Hertenberger, im Namen der
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ZVR-Nr.: 049832110

Literatur:

Dehio-Handbuch, Die Kunstdenkmäler Österreichs (Topographisches Denkmälerinventar, Hrsg. Bundesdenkmalamt), Band: Wien X. bis XIX. und XXI. bis XXIII. Bezirk, Wien, 1996, S. 145 f. und S. 148

Quellen / Links:

Khleslplatz (auf „Wien Geschichte Wiki“): https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Khleslplatz

Wien Baumgarten mit Casino: Stellungnahme Planentwurf 8301

Stellungnahme der Initiative Denkmalschutz zum Entwurf Flächenwidmungs- und Bebauungsplan 8301

18.02.2020

Für das Gebiet zwischen Linzer Straße, Hochsatzengasse, Hellmesbergergasse im 14. Bezirk, Katastralgemeinde Oberbaumgarten

Beschreibung des Baubestandes im Plangebiet

Im Erläuterungsbericht (Seite 6 f.) wird Folgendes ausgeführt: „Erhaltenswerte Gebäude: Das Erscheinungsbild des Gebäudeensembles Villensiedlung ist bis heute erhalten, soll auch weiterhin – durch die erstmalige Festsetzung einer Schutzzone – als Denkmal bürgerlicher Baukultur vor dem Ersten Weltkrieg erhalten bleiben. Im Bereich der Lautensackgasse (ONr. 23 [heute Neuapostolische Kirche aus 2014, Vorgänger-Kirchenbau aus 1972], 25, 27, 31, 33 und 37), Pierrongasse (ONr. 1-3, 4, 7, 9, 10, 11, 12, 13, 14 und 15), Hellmesbergergasse (ONr: 2, 4, 8, 12, 14, 16 und 18) sowie Westermayergasse (ONr. 2, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 11, 13 und 15) existieren weitgehend authentisch erhaltenen [sic] Gründerzeithäuser und ein z.T. erhaltenswertes Erscheinungsbild der Straßenräume. (…) Casino Baumgarten in der Linzer Straße 297 (…) ebenfalls eine Schutzzone vorgeschlagen.“

Auch im Buch von Friedrich Achleitner (Österreichische Architektur im 20. Jh.) wird das Ensemble beschrieben: Hellmesbergergasse 2-16 (Westermayergasse), 1913-15“ (S. 106 f.): „Die siedlungsähnliche Anlage ist offenbar auf Initiative des Baumeisters [Emanuel] Slama entstanden, obwohl auch andere Entwerfer aufscheinen [Herman Hornek, Anna Krisch und Richard Krisch, Ferdinand Baldia] (…) „ein Denkmal kleinbürgerlicher Baukultur vor dem Ersten Weltkrieg.“ (konkret erwähnt sind die Gebäude: Hellmesbergergasse 2, 4, 8, 14; Westermayergasse 1, 3 [mittlerweile abgerissen], 4, 5). Vgl. auch AzW-Architektenlexikon Eintrag zu „Emanuel Slama“.

Das Dehio Handbuch Wien (Hrsg. Bundesdenkmalamt) führt aus: Hochsatzengasse Nr. 7[, 10]: 2geschossige, späthistoristische Villen über kreuzförmigen Grundriß“ (S. 312). Lautensackgasse: Überwiegend Verbauung mit 2-3geschossigen Mietvillen E. 19./A. 20. Jh. hinter Vorgärten: (…) Nr. 25-27, neobar[ocker]. Dekor, gartenseitig Holzveranda, Nr. 29, 1892, Cottagestil-Elemente [mittlerweile abgerissen], Nr. 31.“ (S. 316). Linzer Straße 297: Ehem. Baumgartner Casino, erb[aut]. 1891/92 von Eugen Sehnal in den ausgedehnten Parkanlagen des ehem. Baugartner Schlosses. Monumentaler Bau (…)“ (S. 318). „Westermayergasse 1-6 [Nr. 3 mittlerweile abgerissen]: Einheitliche 2geschossige Villensiedlung erb[aut]. 1914 von Richard Krisch und Emanuel Slama mit hohen Mansarddächern, Erkern und Säulenloggien. – Nr. 11, 13: Erb[aut]. 1898-1900 von Josef Schnatter und Carl Mühlhofer, 2geschossige identische Mietvillen in späthistoristischen Formen mit verbretterten Giebeln, sparsamer Dekor.“ (S. 329).

Der Verein Initiative Denkmalschutz gibt folgende Stellungnahme ab:

Einleitung: Grundsätzlich wird im Sinne der Erhaltung des örtlichen Stadtbildes und der Altstadterhaltung, also zur Gewährleistung des Bestandes, eine bestandsgenaue Widmung für die historisch wertvollen Objekte im Plangebiet sowohl in der Höhenentwicklung, als auch hinsichtlich der bebaubaren Fläche vorgeschlagen. Ebenso möge die Anzahl der Hauptgeschoße mit einer besonderen Bestimmung (BB) exakt dem Bestand angepasst werden. Dadurch wird auch am ehesten – neben der Festsetzung einer Schutzzone – der Anreiz für Abbruch und Neubau vermieden.

Anmerkung: Wir beziehen uns in dieser Stellungnahme für Schutzzonenerweiterungen primär auf die Außenerscheinung der Gebäude. Im Wissen, dass so manche Objekte eine unscheinbare bzw. im Verlauf von Jahrzehnten stark vereinfachte Fassade haben, im Inneren aber durchaus erhaltenswerte Bausubstanz aufweisen können, ist immer eine eingehende Untersuchung des Objektes notwendig. Da uns ein solcher Befund mangels Zutritt zu vielen Objekten und aus zeitlichen Gründen nicht möglich ist, empfehlen wir den Verantwortlichen, immer auch die innere Bausubstanz bei Schutzzonenerweiterungen zu berücksichtigen.

Die Stellungnahme im Detail:

Zunächst werden die neuen Schutzzonen-Festsetzungen im aktuellen Planentwurf sehr begrüßt. Konterkariert werden diese Festsetzungen jedoch durch vielfache Ausweitungen der bebaubaren Flächen im Vergleich zum aktuell gültigen Plandokument Nr. 6972. Somit muss kritisch angemerkt werden, dass viele für die Schutzzone vorgesehene Bauten nicht bestandsgenau gewidmet sind (allgemein als „offene oder gekuppelte Bauweise“ ausgewiesen (Bezeichnung „ogk“; gemäß § 76 Bauordnung für Wien), Baufluchtlinien oft nicht deckungsgleich mit den Bestandsbauten). Insbesondere in Bezug zu den Fassaden zum öffentlichen Straßenraum gelegen, mögen daher die Fassaden den Baufluchtlinien angepasst werden: Hellmesbergergasse 2-4, 12, 18; Lautensackgasse 31; Pierrongasse 1, Pierrongasse 7, Pierrongasse 11-15). Ebenso ist die Bauklasse – südlich des Baumgartner-Casino-Parks einheitlich beschränkt auf 7,5 m – über alle für die Schutzzone vorgesehenen historischen Bauten zu undifferenziert. Diese mögen daher bei niedrigeren Bauten im Ensemble auch niedriger gewidmet werden (z. B. Hellmesbergergasse 2-4). Auch das per Bescheid denkmalgeschützte Baumgartner Casino ist viel zu undifferenziert in der Höhenwidmung ausgewiesen (einheitlich Bauklasse II beschränkt auf 10,5 m), wiewohl das Casino eine gestaffelte Baukubatur aufweist (ein- bis zweigeschoßig bzw. noch höhere, flankierende Ecktürme).

Abschließend wird nachdrücklich vorgeschlagen für die Schutzzone die entsprechenden Architekturteile in einen Katalog nach § 7 (4) Wiener Bauordnung aufzunehmen, sodass auch diese einen rechtsverbindlichen Bestandteil des Bebauungsplanes bilden.

Markus Landerer und Claus Süss
im Namen der Initiative Denkmalschutz

Initiative Denkmalschutz
Verein für den Schutz bedrohter Kulturgüter
Fuchsthallergasse 11/5
1090 Wien / Vienna
Österreich / Austria
www.initiative-denkmalschutz.at
mobil: +43 (0)699 1024 4216
email:
(ZVR-Nr.: 049832110)

Literatur:

– Friedrich Achleitner, Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert, Band III/2, Wien 13.-18. Bezirk, Salzburg und Wien 1995, Seite 106 f.

– Dehio-Handbuch, Die Kunstdenkmäler Österreichs, Wien X. bis XIX. und XXI. bis XXIII. Bezirk, (Hrsg. Bundesdenkmalamt), Wien 1996

– AzW Architektenlexikon Wien 1770-1945 (Architekturzentrum Wien) – Eintrag Baumeister „Emanuel Slama“: http://www.architektenlexikon.at/de/607.htm

– Das Denkmalverzeichnis des Bundesdenkmalamtes: https://bda.gv.at/denkmalverzeichnis/#denkmalliste-gemaess-3-dmsg

– Casino Baumgarten (Wikipedia): https://de.wikipedia.org/wiki/Casino_Baumgarten

– Kulturgüterkataster der Stadt Wien: https://www.wien.gv.at/kulturportal/public

– „Neuapostolische Kirche Wien Penzing“ auf Nextroom.at: https://www.nextroom.at/building.php?id=36956&sid=40405&inc=pdf

In dieser Stellungnahme erwähnte Adressen:

Hellmesbergergasse 2, Hellmesbergergasse 4, Hellmesbergergasse 8, Hellmesbergergasse 12, Hellmesbergergasse 14, Hellmesbergergasse 16, Hellmesbergergasse 18, Lautensackgasse 23, Lautensackgasse 25, Lautensackgasse 27, Lautensackgasse 29, Lautensackgasse 31, Lautensackgasse 33, Lautensackgasse 37, Linzer Straße 297, Pierrongasse 1, Pierrongasse 3, Pierrongasse 4, Pierrongasse 7, Pierrongasse 9, Pierrongasse 10, Pierrongasse 11, Pierrongasse 12, Pierrongasse 13, Pierrongasse 14, Pierrongasse 15, Westermayergasse 1, Westermayergasse 2, Westermayergasse 3, Westermayergasse 4, Westermayergasse 5, Westermayergasse 6, Westermayergasse 7, Westermayergasse 8, Westermayergasse 9, Westermayergase 11, Westermayergasse 13, Westermayergasse 15

Schopenhauerstraße (Wien): Stellungnahme Planentwurf Nr. 7208G – Schutzzonenvorschlag

Initiative Denkmalschutz, 10. Juli 2020

Stellungnahme zum Entwurf Flächenwidmungs- und Bebauungsplan 7208G

Für das Gebiet zwischen Theresiengasse, Schopenhauerstraße, Martinstraße im 18. Bezirk, Katastralgemeinde Währing

Einleitung: Grundsätzlich wird im Sinne der Erhaltung des örtlichen Stadtbildes und der Altstadterhaltung, also zur Gewährleistung des Bestandes, eine bestandsgenaue Widmung für die historisch wertvollen Objekte im Plangebiet sowohl in der Höhenentwicklung, als auch hinsichtlich der bebaubaren Fläche vorgeschlagen. Ebenso möge die Anzahl der Hauptgeschoße mit einer besonderen Bestimmung (BB) exakt dem Bestand angepasst werden. Dadurch wird auch am ehesten – neben der Festsetzung einer Schutzzone – der Anreiz für Abbruch und Neubau vermieden.

Anmerkung: Wir beziehen uns in dieser Stellungnahme für Schutzzonenerweiterungen primär auf die Außenerscheinung der Gebäude. Im Wissen, dass so manche Objekte eine unscheinbare bzw. im Verlauf von Jahrzehnten stark vereinfachte Fassade haben, im Inneren aber durchaus erhaltenswerte Bausubstanz aufweisen können, ist immer eine eingehende Untersuchung des Objektes notwendig. Da uns ein solcher Befund mangels Zutritt zu vielen Objekten und aus zeitlichen Gründen nicht möglich ist, empfehlen wir den Verantwortlichen, immer auch die innere Bausubstanz bei Schutzzonenerweiterungen zu berücksichtigen.

Die Stellungnahme im Einzelnen:

Es wird empfohlen die beiden Gebäude Schopenhauerstraße 34 (Ecke Theresiengasse 73) sowie Schopenhauerstraße 36 als Schutzzone auszuweisen.

Abschließend wird vorgeschlagen für die Schutzzone die entsprechenden Architekturteile in einen Katalog nach § 7 (4) Wiener Bauordnung aufzunehmen, sodass auch diese einen rechtsverbindlichen Bestandteil des Bebauungsplanes bilden.

NACHTRAG (16.7.): Die beiden Häuser sind im Dehio-Handbuch des Bundesdenkmalamtes (hrsg. 1996) erwähnt:

Schopenhauerstraße 34: secessionistisches Wohnhaus, Joseph Sinnenberg, 1907, Schmiedeisengitterportal

Schopenhauerstraße: früh- bis strenghistoristische Wohnhäuser um 1865-85. Nr. 36: Fassade um 1900

Markus Landerer und Claus Süss
im Namen der Initiative Denkmalschutz

Initiative Denkmalschutz
Verein für den Schutz bedrohter Kulturgüter
Fuchsthallergasse 11/5
1090 Wien, Österreich
(ZVR-Nr.: 049 832 110)

Währinger Bad (Wien) Höherwidmung – Stellungnahme Planentwurf 8280

Stellungnahme der Initiative Denkmalschutz zum Planentwurf 8280

Für das Gebiet zwischen Klostergasse, Staudgasse, Lacknergasse und Schulgasse im 18. Bezirk, Katastralgemeinde Währing und Weinhaus

Einleitung: Grundsätzlich wird im Sinne der Erhaltung des örtlichen Stadtbildes und der Altstadterhaltung, also zur Gewährleistung des Bestandes, eine bestandsgenaue Widmung für die historisch wertvollen Objekte im Plangebiet sowohl in der Höhenentwicklung, als auch hinsichtlich der bebaubaren Fläche vorgeschlagen. Ebenso möge die Anzahl der Hauptgeschoße mit einer besonderen Bestimmung (BB) exakt dem Bestand angepasst werden. Durch diese Maßnahme – und durch die Festsetzung einer Schutzzone – wird am ehesten der Anreiz für Abbruch und Neubau vermieden.

Die Stellungnahme im Detail:

Klostergasse 27, ehemaliges Währinger Bad (Tröpferlbad). Erbaut 1898 vom Wiener Stadtbauamt mit turmartig überhöhtem Mittelrisalit, Nutung. Inneres umgestaltet. Der aktuell gültige Flächenwidmungs- und Bebauungsplan (Plandokument 7505 aus dem Jahr 2003) mit Bauklasse II (bis 12 Meter Gebäudehöhe) soll laut vorliegendem Planentwurf auf Bauklasse III (16 Meter) erhöht werden. Dies wird grundsätzlich kritisch gesehen, da erfahrungsgemäß Höherwidmungen von Bestandsgebäuden eine mögliche optische Entstellung oder gar Abriss – auch in Schutzzonen – begünstigen. Insbesondere besteht durch eine mögliche Aufstockung die Gefahr, dass die optische Wahrnehmung des turmartigen Mittelrisalits stark beeinträchtigt wird. Die „Besondere Bebauungsbestimmung“ „nur für Bildungs- und Betreuungszwecke sowie soziale Zwecke“ (BB1) wird hingegen begrüßt. Auf jeden Fall wäre vorab darauf zu achten, dass die Erhaltung der Fassade (dreigeschoßig + Souterrain) nach denkmalpflegerischen Gesichtspunkten vertraglich garantiert wird, bevor ein solcher Mehrwert durch eine größere Bebauungsmöglichkeit rechtlich beschlossen wird.

Klostergasse 27, Währinger Bad, 1180 Wien

Ehem. Währinger (Tröpferl-)Bad, Klostergasse 27 in Wien-Währing, Foto: 31.8.2021, (c) Markus Landerer / Initiative Denkmalschutz

Lacknergasse 98, steht per Bescheid unter Denkmalschutz. Beschreibung Dehio-Handbuch (1996): Ehem[alige]. Kinderschutzstation, heute Männerheim St. Josef der Caritas, erb[aut]. 1907 von Josef Plečnik, b[e]m[er]k[ens]w[erter]. Stahlbetonbau in streng stilisierten Neoempire-Formen mit Pilastergliederung und secessionistisch-antikisierendem gemalten Friesdekor im Obergeschoß, plastische Akzente durch gerade Fensterverdachungen auf kräftigen Konsolen; in der Eingangsachse 3armige Treppe, Innenumbau 1938/39.“ Unser Verein Initiative Denkmalschutz gewinnt den optischen Eindruck, dass die „Bauklasse III 13 m“ nicht dem Bestand entspricht, sondern höher ist. Es wird daher vorgeschlagen, die Bauklasse exakt dem kulturhistorisch äußerst wertvollem Bestand anzugleichen.

Ehemalige Kinderschutzstation, Lacknergasse 28, Architekt Josef Plečnik, 1180 Wien, Foto: Okt. 2012, Fotograf: Thomas Ledl, CC BY-SA 3.0 at, Wikipedia

Abschließend wird nachdrücklich vorgeschlagen, für die Schutzzone die entsprechenden Architekturteile in einen Katalog nach § 7 (4) Wiener Bauordnung aufzunehmen, sodass auch diese einen rechtsverbindlichen Bestandteil des Bebauungsplanes bilden.

Markus Landerer und Dr. Gerhard Hertenberger, im Namen der
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Literatur:

– Dehio-Handbuch, Die Kunstdenkmäler Österreichs, Wien X. bis XIX. und XXI. bis XXIII. Bezirk (Hrsg. Bundesdenkmalamt), Wien 1996, Seite 498 ff.

– Friedrich Achleitner, Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert, Band III/2, Wien 13.-18. Bezirk, Salzburg und Wien 1995, Seite 232

PS: Die öffentliche Auflage dieses Planentwurfs war vom 12. August bis 23. September 2021 (https://www.wien.gv.at/stadtentwicklung/flaechenwidmung/aktuell)

Linktipps:

– Lesetipp: 18. April 2019, WienSchauen: Währinger Bad: Schützt Gesetz vor Abriss? https://www.wienschauen.at/waehringer-bad-schuetzt-gesetz-vor-abriss-klostergasse-27

– Währinger Bad, Fotos von Erich J. Schimek / Initiative Denkmalschutz: https://www.flickr.com/photos/id_ejs/sets/72157703007642564

Am Kahlenberg, Josefsdorf (Wien): Stellungnahme zum Planentwurf 8416

Initiative Denkmalschutz, 20. Februar 2025

Stellungnahme zum Planentwurf 8416
Am Kahlenberg, Josefsdorf

Für das Gebiet zwischen Linienzug 1-2 (Höhenstraße), Linienzug 2-7 und Linienzug 7-8-1 (Am Kahlenberg) im 19. Bezirk, Katastralgemeinde Josefsdorf

Öffentliche Auflage 9. Jänner bis 20. Februar 2025

Einleitung: Grundsätzlich wird im Sinne der Erhaltung des örtlichen Stadtbildes und der Altstadterhaltung, also zur Gewährleistung des Bestandes, eine bestandsgenaue Widmung für die historisch wertvollen Objekte im Plangebiet sowohl in der Höhenentwicklung, als auch hinsichtlich der bebaubaren Fläche vorgeschlagen. Ebenso möge die Anzahl der Hauptgeschoße mit einer besonderen Bestimmung (BB) exakt dem Bestand angepasst werden. Durch diese Maßnahme – und durch die Festsetzung einer Schutzzone – wird am ehesten der Anreiz für Abbruch und Neubau vermieden.

Anmerkung: Auch wenn folgende Empfehlung formalrechtlich nicht Teil der Stellungnahme sein kann, so möchte die Initiative Denkmalschutz dennoch betonen, dass die hier in der Stellungnahme gegebenenfalls vorgeschlagenen Einschränkungen der Bebaubarkeit im Sinne der Erhaltung des historischen Stadtbildes immer mit entsprechenden Förderungen und Ausgleichsmaßnahmen seitens der Stadt Wien einhergehen müssen, sodass den Eigentümern dadurch keine Nachteile entstehen (z.B. Planwertausgleich, Mehrwertabgabe/-umverteilung bei Umwidmungsgewinnen / Wertsteigerungen).*

* Vgl.: Laura Sidonie Mayr, Das Instrument der Mehrwertabgabe – Ein potentielles Anwendungsmodell für Österreich (Kurzzusammenfassung der Ergebnisse der Diplomarbeit: „Die Mehrwertabgabe in der Raumplanung: Abschöpfung von Widmungsgewinnen als potentielles Instrument für Österreich“, 2018, TU Wien). In: „Der öffentliche Sektor – The Public Sector“, 2018, Vol. 44(2), Seite 39-49. (https://oes.tuwien.ac.at/article/484/galley/484/view)

Die Stellungnahme im Detail:

Erfreulich ist, dass als Anlass und wesentliche Zielsetzung des vorliegenden Umwidmungsentwurfs die „Bedachtnahme auf das örtliche Stadtbild des Josefsdorfs mit seinem historischen Gebäudebestand“ angegeben wird. „Weiters gilt es dieses Stadtgebiet im Hinblick auf eine etwaige Ausweisung einer Schutzzone gemäß § 7 der BO für Wien zu überprüfen.“ (vgl. „Maßgebliche Entwicklungen und Planungen“, Erläuterungsbericht S. 7 f.).

Zu befürchten ist jedoch, dass die seit 2. November 2023 gültige Bausperre (Plandokument Nr. 8403) gemäß § 6 Abs. 2 Wiener Bauordnung zu spät kommt, denn wenige Monate zuvor gab es bereits eine Bauverhandlung für ein Bauprojekt auf dem Gelände dieser alten Klostersiedlung und bis dato ist keine Schutzzone ausgewiesen (vgl. u.a. ORF Wien Bericht vom 7.6.2023: „Döbling kämpft um Ortsbild am Kahlenberg. Aufregung herrscht in Döbling rund um ein Bauprojekt am Kahlenberg. Noch liegt keine Bewilligung vor, der Bezirk will das Ortsbild aber jedenfalls erhalten.“: https://wien.orf.at/stories/3210807).

Grundsätzlich wird die erstmalige Ausweisung einer Schutzzone am Kahlenberg im Bereich und östlich der Josefskirche sehr begrüßt, zumal das so bezeichnete Josefsdorf auch heute noch einen historisch bedeutenden Ort darstellt, wie dies auch an den zahlreichen Unterschutzstellungen durch das Bundesdenkmalamt im Plangebiet ablesbar ist. Das von Kaiser Ferdinand II. im 17. Jahrhundert gegründeten Kloster der Kamaldulenser, das von Kaiser Joseph II. 1782 aufgelöst wurde, bestand ursprünglich aus vier regelmäßigen Reihen von giebelständigen Häuschen – den Klosterzellen – und Gemeinschaftseinrichtungen. Die ehemalige Eremitage zeigt sich heute in neun im nördlichen Teil noch bestehenden, teils authentischen, teils stark veränderten Klosterzellen (vgl. Erläuterungsbericht S. 2).

Umso wichtiger ist es daher, dass einige Gebäude bereits unter Denkmalschutz gemäß Bundesgesetz stehen (Denkmalschutzgesetz). Unter Denkmalschutz stehen neben der katholischen Pfarrkirche samt Brunnen (beide per Verordnung, § 2a unter Denkmalschutz) die ehemaligen Camadulenserzellen (Am Kahlenberg Nr. 15*, 18, 21), ein „Wehrturm samt Mauer“ (bei „Am Kahlenberg 18“) sowie die Camaldulensergrotte (auf Grundstücksnummer 16 im Nordosten der als SWW ausgewiesenen Fläche im Plangebiet gelegen**). Die Adresse „Am Kahlenberg 19“, wie im Erläuterungsbericht (S. 3) angeführt, steht gemäß (nicht rechtsverbindlichen) Denkmalverzeichnis des Bundesdenkmalamtes jedoch offenbar nicht unter Schutz. (Alle anderen unter Denkmalschutz per Bescheid, gemäß § 3 Denkmalschutzgesetz.).

Nicht nur die Mitglieder des Fachbeirates für Stadtplanung, Stadtgestaltung und Welterbe begrüßen die bestandsdorientierte Widmung sowie die Ausweisung einer Schutzzone im Plangebiet in deren Stellungnahme (16.10.2024), sondern – wie erwähnt – auch unser Verein Initiative Denkmalschutz, wiewohl in Bezug auf die bebaubaren Flächen noch einige Adaptierungen aus unserer Sicht empfohlen werden.

Am Kahlenberg 18-19, 1190 Wien

Ehem. Camaldulenserzellen, Am Kahlenberg 18-19 (vermutlich richtig: Nr. 19 links und Nr. 18 rechts im Bild), Foto: 8.2.2025, (c) Initiative Denkmalschutz

Diese umfassende Ausweisung einer Schutzzone im vorliegenden Planentwurf ist umso wichtiger, als nicht alle historischen Gebäude im Plangebiet unter Denkmalschutz stehen (z.B. stehen nicht unter Denkmalschutz: Am Kahlenberg Nr. 12, 13, 14 und 19). Es wird weiters vorgeschlagen, den Bereich, der im Planentwurf als „SWW“ ausgewiesen wird, auch noch als Schutzzone auszuweisen und insbesondere in Richtung Osten zu erweitern, in diesem Bereich (Grundstücksnr. 16) befindet sich die erwähnte unterirdische, bereits seit 1926 ** denkmalgeschützte(!) Camaldulensergrotte, die auch der Fachbeirat für Stadtplanung, Stadtgestaltung und Welterbe in seiner Stellungnahme besonders hervorhebt (Zitat: „Es wird darauf hingewiesen, dass sich im Sww ein historischer Kellner [sic] befindet.“). Diese Grotte wird jedoch im Erläuterungsbericht vergessen zu erwähnen. Die Initiative Denkmalschutz schließt sich in diesem Zusammenhang den Ausführungen des Fachbeirates an, dass noch „eine weiterführende Untersuchung des Sachverhalts empfohlen wird.“

Stark kritisiert wird jedoch die Ausweisung einer übergroßen Baufläche im Bereich der Häuser „Am Kahlenberg 20 und 21“. Hier könnte durch die großzügige Ermöglichung von Anbauten das historische Erscheinungsbild stark beeinträchtigt werden. Es wird daher empfohlen, die Baufluchtlinien in diesem Bereich möglichst genau dem Bestand anzupassen.

Am Kahlenberg 20-21, 1190 Wien

Am Kahlenberg Nr. 21 und Nr. 20 (ehem. Kamaldulenserzelle noch giebelständig), Foto: 8.2.2025, (c) Initiative Denkmalschutz

Sehr begrüßt wird die Ausweisung der besonderen Bebauungsbestimmung („BB2“), denen zufolge auf den als Bauland/Wohngebiet gewidmeten Flächen die Firste der Dächer parallel zu den seitlichen Grundgrenzen verlaufen müssen. Es wird empfohlen, dass diese „BB2“ auch für das Gebäude „Am Kahlenberg 20“ gelten möge, da dieses Haus ebenso giebelständig zur Straße orientiert ist.

Die Ausweisung einer Baufläche im Bereich des vorhandenen Parkplatzes (im Planentwurf ausgewiesen als 23 Meter lang und 16 Meter breit) wird auch etwas kritisch gesehen, zumal diese Bauflächenausweisung eine „historische“(?) Mauer „durchschneidet“. Es sollte dabei unbedingt die ursprüngliche historische Struktur in diesem Bereich überprüft und ggf. noch einmal abgewogen werden (vgl.: https://de.wikipedia.org/wiki/Josefsdorf_(Wien)#/media/Datei:Kahlenberg_-_Josefsdorf_(1819).JPG).

Abschließend wird nachdrücklich vorgeschlagen, für die Schutzzone die entsprechenden Architekturteile in einen Katalog nach § 7 (4) Wiener Bauordnung aufzunehmen, sodass auch diese einen rechtsverbindlichen Bestandteil des Bebauungsplanes bilden.

Markus Landerer und Dr. Gerhard Hertenberger, im Namen der
Initiative Denkmalschutz, Verein für den Schutz bedrohter Kulturgüter
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Anmerkungen:

* In einer älteren BDA-Denkmalverzeichnis (z.B. aus 2013) mit der Adresse: „Josefsdorf 15, 17“ beschrieben, in der aktuellen Denkmalliste – bei gleicher Angabe der Grundstücksnummern – nur mehr als („Am Kahlenberg“) Nr. 15 verzeichnet. Eine Nr. 17 wird, wie auch im Stadtplan und im Flächenwidmungs- und Bebauungsplan (ebenso im vorliegenden Planentwurf) nicht mehr verzeichnet, wiewohl auch vor Ort noch eine solche Bezeichnung am Gebäude angebracht ist („Josefsdorf 15-17“).

** Vgl. Birgit Knauer, Dissertation, Wien 2018, Seite 146

Literatur / Quellen:

Dehio-Handbuch, Die Kunstdenkmäler Österreichs (Topographisches Denkmälerinventar, Hrsg. Bundesdenkmalamt), Band: Wien X. bis XIX. und XXI. bis XXIII. Bezirk, Wien, 1996, S. 573 f.

Birgit Knauer, Dissertation, Die Assanierung der Stadt Wien (1934-38). Regulierungsmaßnahmen zwischen Stadtgestaltung und Denkmalschutz, Wien 2018, Seite 146
https://repositum.tuwien.at/bitstream/20.500.12708/7339/2/Knauer%20Birgit%20-%202018%20-%20Die%20Assanierung%20der%20Stadt%20Wien%201934-38…pdf

Das „Josefsdorf“ auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Josefsdorf_(Wien)

Medienberichte zum geplanten Bauprojekt im Josefsdorf / Am Kahlenberg:

07.06.2023, ORF Wien
Döbling kämpft um Ortsbild am Kahlenberg
Aufregung herrscht in Döbling rund um ein Bauprojekt am Kahlenberg. Noch liegt keine Bewilligung vor, der Bezirk will das Ortsbild aber jedenfalls erhalten. Erste Arbeiten sollen schon begonnen haben und Bäume gefällt worden sein.
https://wien.orf.at/stories/3210807/

07.06.2023, Kronenzeitung
Bauprojekt Josefsdorf: Gerüchte um „Scheich-Oase“ auf dem Kahlenberg
https://www.krone.at/3026493

05.06.2023, MeinBezirk
Ortsbild in Döbling: Anrainer am Kahlenberg besorgt über Bauprojekt
In der Nähe der St. Josef Kirche am Kahlenberg soll ein größeres Wohngebäude errichtet werden. Die Anrainer sind besorgt, passt dies mit dem Ortsbild am Berg zusammen? Die BezirksZeitung bekam Auskunft vom Projektbetreiber. Er beruhigt, das Vorhaben wäre seiner Ansicht nach vielmehr eine Wiederherstellung des ehemaligen Ortscharakters.
https://www.meinbezirk.at/doebling/c-lokales/anrainer-am-kahlenberg-besorgt-ueber-bauprojekt_a6079527

29.05.2023, Heute-Zeitung
Bezirk über Baupläne am Wiener Kahlenberg alarmiert
https://www.heute.at/s/bezirk-ueber-bauplaene-am-wiener-kahlenberg-alarmiert-100273678

Otto Wagner Spital Steinhof: Vorläufige Stellungnahme der Initiative Denkmalschutz (Planentwurf Nr. 8139)

Vorläufige Stellungnahme der Initiative Denkmalschutz, 11. Februar 2020

Entwurf Flächenwidmungs- und Bebauungsplan 8139

Otto Wagner Spital Am Steinhof

Für das Gebiet zwischen Hansl-Schmid-Weg, Reizenpfenninggasse, Reichmanngasse, Käthe-Jonas-Weg, Sanatoriumstraße, Heschweg und Bezirksgrenze zwischen 14. und 16. Bezirk im 14. Bezirk, Katastralgemeinde Hütteldorf

Prolog

In Vorbereitung des am 15. Dezember 2006 im Gemeinderat beschlossenen, aktuell gültigen Plan­dokuments Nr. 7572 gab es erste Proteste der Zivilgesellschaft (Bürgerversammlung gemäß Stadtverfassung am 7. September 2006 im Jugendstiltheater Steinhof), da mit der absehbaren Aufhebung der „Öffentlichen Zwecke“-Widmung eine nachteilige Immobilienverwertung befürchtet wurde. In der gleichen Gemeinderatssitzung wurde ein Resolutionsantrag beschlossen, der besagt: „Im Sinne einer sinnvollen Gesamtnutzung im Interesse der WienerInnen sollen alle historisch und kulturell wertvollen Gebäude und Anlagen erhalten bleiben, bei der Nutzung der frei werdenden Flächen im Otto-Wagner-Spital der Denkmal- und Ensembleschutz streng beachtet und die BürgerInnen in die Neuplanungen der freiwerdenden Flächen einbezogen werden.“ Diese angekündigte Bürgereinbindung wurde in den nächsten Jahren missachtet. Spätestens im Jahr 2010/11 zeigte sich die Richtigkeit dieser Befürchtung, erste historische Gebäude im Ostareal wurden abgerissen. Im Juli [richtig: Juni] 2011 wurde mit Bauarbeiten für die Rehaklinik Wien Baumgarten [VAMED] begonnen [https://www.krone.at/269462]. Nach breiter medialer Kritik und Protesten aus der Bevölkerung wurden die Planungen für daran angrenzende Wohnbauvorhaben im Ostteil des Otto-Wagner-Spitals gestoppt.“ (Zitate aus dem Erläuterungsbericht S. 8). Der breite Unmut der Zivilgesellschaft entlud sich in der Bürgerversammlung am 28. September 2011 (gemäß Stadtverfassung; in der Busgarage Spetterbrücke), sodass Bürgermeister Michael Häupl in weiterer Folge am 28. Oktober 2011 die geplante Steinhof-Verbauung teilweise abgesagt hat. Er kündigte an, dass rund 200 der bisher 600 geplanten Wohnungen „ersatzlos gestrichen“ werden (siehe: APA-Meldung/Standard: https://www.derstandard.at/story/1319181475401/200-wohnungen-gestrichen-haeupl-macht-am-steinhof-tabula-rasa; ORF: https://wien.orf.at/v2/news/stories/2507182). Im Februar 2012 startete der Mediationsprozess (u. a. mit Bürgerplattform Steinhof, Bürgerinitiative Flötzersteig, Initiative Denkmalschutz). Unser Verein Initiative Denkmalschutz ist am Ende der Vormediation am 10. Juli 2012 aus der Mediation ausgestiegen (vgl. OTS: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20120711_OTS0010). „Nachdem das Ziel einer konkreten Lösung für die Bebaubarkeit des Ostareals in der Hauptmediationsphase nicht erreicht wurde, wurde Konsens darüber erzielt, dass diesbezüglich eine Expertinnen- und Expertengremium unter Vorsitz von Architekt Univ.Prof. DI Adolf Krischanitz einberufen werden soll. (Zitat Erläuterungsbericht S. 9). Im Anschluss an das Expertengremium erfolgte ein Testplanungsverfahren („Entwicklungs­planungs­verfahren“). Am 22.1.2014 erfolgte eine nächste Bürgerversammlung gemäß Stadtverfassung, die am 11. Februar 2014 wegen des großen Nachfrage eine Wiederholung fand. In weiterer Folge wurde begonnen rund 160 Wohnungen neu zu errichten. Seit 2014 werden die Bürgerinitiativen „Steinhof erhalten“, „Steinhof als Gemeingut erhalten und gestalten“, die Bürgerinitiative Flötzersteig, der Verein „Initiative Denkmalschutz sowie der Verein „Aktion 21 – pro Bürgerbeteiligung“ nicht müde zu verkünden, dass diese begonnene Wohn-Verbauung einen Bruch der Mediationsvereinbarung darstellt, denn wesentliche Grundsätze des Mediationsergebnisses werden ignoriert. Denn das Expertengremium stellte im Abschlussbericht im April 2013 explizit klar, dass “der Ostteil im funktionalen und räumlichen Zusammenhang mit dem Gesamtareal betrachtet werden muss.” Indem durch Wohnverbauung der 2. Schritt vor den 1. gesetzt wird, werden dem Gesamtprojekt wesentliche Zukunftschancen genommen. (APA-OTS-Presseaussendungen: “Stadt Wien ignoriert Mediationsergebnis” (25.11.2014): http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20141125_OTS0018; “Otto Wagner Spital Steinhof: Mit Start des Wohnungsbaus bricht Stadt Wien Mediationsvereinbarung! Bürgerinitiativen fordern Baustopp! (19.4.2017): https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20170419_OTS0023 sowie „Jugendstiljuwel Otto Wagner-Spital Am Steinhof: Prolongierter Bruch der Mediationsvereinbarung durch Baubeginn von 120 GESIBA Wohnungen!“ (15.10.2019): https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20191015_OTS0023.

Am 18. Dezember 2015 wurde wegen der einzigartigen kulturellen Bedeutung sogar ein „Heritage Alert“ (Kulturerbe-Warnung) seitens ICOMOS International ausgelöst und somit die Gefährdung der weltweit bedeutenden Jugendstilanlage von diesem Denkmalpflege-Fachbeirat der UNESCO international anerkannt. (siehe: https://www.icomos.org/en/get-involved/inform-us/heritage-alert/current-alerts/5453-icomos-heritage-alert-otto-wagner-hospital-steinhof-vienna)

2019 wurde erstmals eine Bürgerversammlung gemäß Stadtverfassung „aus rechtlichen Gründen“ verweigert, („kein überwiegendes Interesse des Bezirks“, wie es heißt)*. Stattdessen gab es am 30. Jänner 2020 eine „BürgerInnen-Informations- u. Diskussionsveranstaltung“ im Allianz-Stadion.

* siehe: 30.1.2020: Helmut Hofmann, „Demokratie – Abwürge bloßgestellt! Fragwürdiges „Geheimgutachten“ Der Verein „Aktion 21 – pro Bürgerbeteiligung“ widerlegt eine ihr zugespielte, nicht veröffentlichte und nicht öffentlich zugänglich gemachte „Stellungnahme“ des Magistrats der Stadt Wien, mit der unerwünschte Bürgerversammlungen nach § 104c der Wiener Stadtverfassung nach Belieben „abgedreht“ werden könnten. Die rechtliche Gegenexpertise von Aktion 21 finden Sie hier:“ http://www.aktion21.at/themen/index.php?menu=96&id=3290

Der Verein Initiative Denkmalschutz gibt folgende Stellungnahme ab:

Einleitung: Grundsätzlich wird im Sinne der baulichen Erhaltung des Kulturerbes „Otto Wagner Spitals Steinhof“, eine bestandsgenaue Widmung für die historischen Objekte im Plangebiet sowohl in der Höhenentwicklung, als auch hinsichtlich der bebaubaren Fläche vorgeschlagen. Ebenso möge die Anzahl der Hauptgeschoße mit einer besonderen Bestimmung (BB) exakt dem Bestand angepasst werden. Dadurch wird auch am ehesten – neben der Festsetzung einer Schutzzone – der Anreiz für Abbruch und Neubau vermieden.

Zunächst wird das grundsätzliche Bemühen mit diesem Planentwurf Nr. 8139 eine Reduzierung der Bebaubarkeit des Areals des ehemaligen Otto Wagner-Spitals Steinhof vorzusehen, sehr begrüßt (vgl. auch Erläuterungsbericht S. 11). Nichtsdestotrotz weist der aktuelle Planentwurf weiterhin wesentliche Schwächen auf, die einer nachhaltigen Erhaltung des historischen Bestandes zuwiderlaufen, insbesondere im Bereich des Ostareals. Einerseits fielen dort einige Wirtschaftsbauten dem Abriss zum Opfer, andererseits kristallisierte sich immer mehr die besondere baukulturelle Bedeutung gerade des Ostareals heraus.

Forschung und baukulturelle Bedeutung, insbesondere Ostareal Am Steinhof

Neben der jahrzehntelangen Forschung der Kunsthistorikerin Dr. Mara Reissberger zur Anlage Am Steinhof (“‘Die weiße Stadt‘ – der ‚Steinhof‘ in Wien – Architektur als Reflex der Einstellung zur Geisteskrankheit“, gemeinsam mit Peter Haiko und Harald Leupold-Löwenthal, 1981), hat sich insbesondere in den letzten zehn Jahren die Technische Universität Wien der Thematik intensiv angenommen. Ausdruck dessen ist das Buch „Die Stadt außerhalb. Zur Architektur der ehemaligen Niederösterreichischen Landes-Heil- und Pflegeanstalten für Geistes- und Nervenkranke Am Steinhof in Wien.“ (Hrsg. Caroline Jäger-Klein und Sabine Plakolm-Forsthuber, Basel 2015; im Folgenden „DSA“ abgekürzt). Weiters wird insbesondere auf die von Univ. Prof. Dr. Sabine Plakolm-Forsthuber erstellte „Stellungnahme zur architektur- und kunsthistorischen Bedeutung des sog. Wirtschaftsareals im Otto Wagner Spital am Steinhof“ vom 27. August 2012 hingewiesen, die die besondere baukulturelle Bedeutung des Wirtschaftsareals im Osten der Anlage schlüssig nachweist. („Keinesfalls kann hier von einer, wie das BDA [Bundesdenkmalamt] schreibt: ‚nicht baukünstlerischen, sondern rein zweckmäßigen Überlegung‘ gesprochen werden, im Gegenteil, es sind exemplarische Bauten, wo Funktion und Form einander kongenial ergänzen und deshalb auch prominente ‚Zeitzeugen‘ der Wiener Moderne. (…) Da es sich hier um ‚Sonderbauten‘ handelte – im Unterschied z.B. zu den Pavillons, von denen, je nach Belag zwei bis vier nahezu idente Bauten errichtet wurden – waren in diesem Bereich die Planungen besonders genau und aufwendig. (…) Die Bezeichnung des gesamten Ostareals als ‚Wirtschaftshof‘ ist daher irreführend und dient m. E. lediglich dazu, den architektonischen Wert dieser Bauten herabzusetzen. Zusammenfassende Bemerkungen: (…) die Einzelgebäude wie Gebäudegruppen im Ostbereich der Anstalt unabdingbar mit der Gesamtanlage verbunden sind und ein Ensemble von außergewöhnlichem baukünstlerischen Wert darstellt.“

Die Stellungnahme im Detail:

Das Ostareal („Wirtschaftsareal“)

Lageplan und Ausführungen zu den einzelnen Baulichkeiten im Ostareal, dem so genannten „Wirtschaftsareal“, finden sich in DSA ab Seite 328.

Ganz im Nordosten des Areals befinden sich die historischen Gewächshäuser und das Gärtnerwohnhaus. Der im Planentwurf vorgesehene Bebauungsplan nimmt keine Rücksicht auf diese Baulichkeiten (40% Baulandwidmung und somit keine Baufluchtlinien dem Bestand angeglichen; vgl. auch Erläuterungsbericht (in Folge kurz EB), Seite 13: „Standort Gärtnerei und Equotherapie), sodass diese auch hinkünftig im Bestand sehr gefährdet sind. (Über historische Nutzung, Baugeschichte und Bestand siehe „DSA“ Seite 351-354; „Gärtnerei mit Glashäusern“ auch im Dehio-Handbuch – Hrsg. Bundesdenkmalamt – auf Seite 295 kurz beschrieben). Es wird daher dringend empfohlen, die Baufluchtlinien dem Bestand anzugleichen und eine Schutzzone für diese historischen Baulichkeiten auszuweisen.

Fleischerei (Ostareal): Im Erläuterungsbericht auf Seite 13 heißt es: „Westlich des Heizwerkes soll das Objekt der ehemaligen Fleischerei, das sich nach dem Ergebnis des Entwicklungsplanungs­verfahrens in restauriertem Zustand für Kinder- und Jugendeinrichtungen oder ähnliches eignen würde, innerhalb der Bauklasse I berücksichtigt werden.“ Für dieses kleine L-förmige Fleischerei­gebäude sind zwar erfreulicher Weise die Baufluchtlinien dem Bestand angepasst (was ausdrücklich begrüßt wird), doch ist die vorgesehene Bauklasse I ohne Beschränkung (also 9 Meter) zu hoch, insbesondere für den nördlichen, eingeschoßigen Trakt. Es wird daher empfohlen eine dem Bestand angepasste Bauklassenbeschränkung aufzuerlegen. Weiters wäre eine Schutzzone auszuweisen. Auf Grund des derzeit schlechten Bauzustandes ist zu befürchten, dass diese hier im Erläuterungsbericht gewählte Formulierung des Konjunktivs „… eignen würde“, rein der Beruhigung der Öffentlichkeit dienen soll und das Gebäude selbst längst für den Abriss vorgesehen ist, zumal sich das Gebäude aktuell in einem augenscheinlich sehr schlechten Bauzustand befindet. Das Gebäude wurde bereits 1994 im Zuge eines damaligen Abbruchansuchens vom Bundesdenkmalamt aus dem Denkmalschutz entlassen (BDA-Schreiben GZ: 945/31/2012), doch steht mittlerweile die baukulturelle Bedeutung dieses Einzelgebäudes im Wirtschaftsareal spätestens seit der Forschung durch Sabine Plakolm-Forsthuber und Caroline Jäger-Klein außer Frage. Plakolm-Forsthuber (2012) zum Sichtziegelgebäude der Fleischerei: „Es ist dies das letzte Bauwerk, das einen unmittelbaren Hinweis auf die in der Anstalt angestrebte Eigenversorgung gibt (Abstechraum und Selchkammer).“ (vgl. auch DSA, S. 347)

Ehemalige Militärbaracke (Pavillon 35): Der U-förmige Gebäudekomplex – direkt nördlich des in einem schlechten Bauzustand befindlichen Pavillon 8 gelegen – wurde im Zuge des 1. Weltkriegs für traumatisierte Soldaten 1916 errichtet (DSA, S. 298). Von den ursprünglich vier errichteten Baracken – Pavillon Nr. 35 bis Nr. 38 – hat sich nur noch Pavillon 35 bis heute erhalten. Die im aktuellen Planentwurf vorgesehenen Baufluchtlinien entsprechen in keiner Weise dem Bestand. Es wird daher empfohlen, die Baufluchtlinien gegen Westen, Süden und Osten exakt dem Bestandsgebäude von 1916 anzupassen. Auch die Höhenwidmung („BB9“ = 9 Meter) entspricht nicht dem Bestand und möge daher bestandsgenau gewidmet werden (Vgl. Erläuterungsbericht S. 14 und Antragsentwurf S. 4).

Die zentralen Pavillons der Heil- und Pflegeanstalt Am Steinhof

Links und rechts der Hauptachse „Verwaltungsgebäude, Jugendstiltheater, Küche und berühmter Otto Wagner Kirche“ sind die einzelnen Heil- und Pflege-Pavillons situiert (DSA S. 260 ff.). Die westlichen weisen ungerade Nummern auf (Nr. 1 bis 21), die östlichen gerade Nummern (2- 24). Eine Ausnahme bildet der Pavillon 23, der sich im Nordosten der Anlage befindet. Hier werden gemäß Erläuterungsbericht (S. 11 f.) „die Front- und Seitenbereiche der Gebäude dem Bestand entsprechend festgesetzt“. An den „Rückseiten der Pavillons“ [nördlich] werden „geringfügige bebaubare Ergänzungsflächen“ vorgeschlagen. Unser Verein Initiative Denkmalschutz sieht diesen Spielraum sehr kritisch. Hier müssten noch deutliche Reduzierungen dieses Spielraums im Bebauungsplan erfolgen, ansonsten würde die nördliche charakteristische gestaffelte Fassadenerscheinung der einzelnen Pavillons weitgehend verloren gehen. Auch sind die geplanten Höhenwidmungen viel zu undifferenziert (Bauklasse III = 16 m), zumal sich die Höhenmaße der Bauteile deutlich unterscheiden. Hier wird empfohlen die gewidmete Höhe im Bebauungsplan dem Bestand deutlich stärker anzupassen.

Sinngemäß wird dies auch im westlichen Teil des ehemaligen Sanatoriums empfohlen (DSA, S. 306 ff.).

Abschließend wird nachdrücklich vorgeschlagen für die Schutzzone die entsprechenden Architekturteile in einen Katalog nach § 7 (4) Wiener Bauordnung aufzunehmen, sodass auch diese einen rechtsverbindlichen Bestandteil des Bebauungsplanes bilden.

Markus Landerer und Claus Süss
im Namen der Initiative Denkmalschutz

Initiative Denkmalschutz
Verein für den Schutz bedrohter Kulturgüter
Fuchsthallergasse 11/5
1090 Wien / Vienna
Österreich / Austria
www.initiative-denkmalschutz.at
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(ZVR-Nr.: 049832110)

Literatur:

– Caroline Jäger-Klein und Sabine Plakolm-Forsthuber (Hrsg.), „Die Stadt außerhalb. Zur Architektur der ehemaligen Niederösterreichischen Landes-Heil- und Pflegeanstalten für Geistes- und Nervenkranke Am Steinhof in Wien.“, Basel 2015

– Sabine Plakolm-Forsthuber, „Stellungnahme zur architektur- und kunsthistorischen Bedeutung des sog. Wirtschaftsareals im Otto Wagner Spital am Steinhof“, 27. August 2012

– Schreiben des Bundesdenkmalamtes (BDA) an Gerhard Hadinger, den Sprecher der Bürgerinitiative „Steinhof erhalten“, 16. Juli 2012 (GZ: 945/31/2012)

– Friedrich Achleitner, Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert, Band III/3, Wien 19.-23. Bezirk, St. Pölten – Salzburg 2010, Seite 88

– Dehio-Handbuch, Die Kunstdenkmäler Österreichs, Wien X. bis XIX. und XXI. bis XXIII. Bezirk (Hrsg. Bundesdenkmalamt), Wien 1996, Seite 291 bis 296