Endresstraße, Klavierfabrik Parttart, Morpurgo, Stellungnahme Planentwurf 8116, 17. Juni 2016
Stellungnahme zum Entwurf Flächenwidmungs- und Bebauungsplan 8116, 23. Bezirk Liesing, Katastralgemeinde Atzgersdorf
Für das Gebiet zwischen Atzgersdorfer Straße, Ziedlergasse, Hödlgasse, Scherbangasse, Kirchenplatz, Endresstraße, Gatterederstraße, Ludwig-Kirschner-Gasse
Der Verein Initiative Denkmalschutz gibt folgende Stellungnahme ab:
Einleitung: Grundsätzlich wird im Sinne der Erhaltung des örtlichen Stadtbildes und der Altstadterhaltung, also zur Gewährleistung des Bestandes, eine bestandsgenaue Widmung für die historisch wertvollen Objekte im Plangebiet sowohl in der Höhenentwicklung, als auch hinsichtlich der bebaubaren Fläche vorgeschlagen. Ebenso möge die Anzahl der Hauptgeschoße mit einer besonderen Bestimmung (BB) exakt dem Bestand angepasst werden. Dadurch wird auch am ehesten – neben der Festsetzung einer Schutzzone – der Anreiz für Abbruch und Neubau vermieden.
Endresstraße 2, Haus Morpurgo: “Urkundlich 1411 genannt, gilt das Anwesen als einstiger Sitz der Atzgersdorfer Herrschaft” (Zitat Berger). “Erb. um 1800 vermutlich unter Einbeziehung eines bar[ocken]. Vorgängerbaus. 2geschossiger blockhafter Bau mit Walmdach, schlichte Gliederung durch Ecklisenen, Gesimse und Plattenparapete; im Stiegenhaus nachträglich eingemauertes Büstenrelief des Stauferkaisers Friedrich II. (bez.)., A. 19. Jh. Weitläufiger, A. 19. Jh., angelegter Garten mit Kastanienallee, in Einfriedungsmauer korbbogige Einfahrt zwischen Kantpfeilern mit Vasenaufsätzen [Foto]; Ruine eines neogot. Gartenpavillons” (Zitat Dehio).
Es wird vorgeschlagen für das ebenerdige Gebäude westlich der Einfahrt die Baufluchtlinien exakt dem Bestand anzupassen, sodass die Einfahrtstor unverbaut erhalten bleiben kann. Im aktuellen Planentwurf ist vorgesehen die beiden Gebäudetrakte baulich zu verbinden (“BB3”). Auch wird vorgeschlagen für das 1stöckige Gebäude (Ecke Scherbangasse) die Höhenwidmung exakt dem Bestand anzupassen (scheint mit 9 Meter etwas zu hoch gewidmet).
Endresstraße 16: Im Dehio erwähnt: “2-3 geschossige späthistoristisch-secessionistische Miethäuser und Villen mit Fassadendekor: … Nr. 16 …” Soll in der Höhe bestandsgenau gewidmet werden (scheint mit 9 Meter etwas zu hoch gewidmet).
Endresstraße 18: Ehem. Klavierfabrik, Parttart steht per Bescheid unter Denkmalschutz (§3) und wurde vom Baumeister Josef Schneider errichtet: “Die charakteristische Anlage aus der Jahrhundertwende besteht aus vier Teilen: dem Wohnhaus, 1892 (…), und dem Fabrikationstrakt im Hof, dem an der Straßenfront anschließenden Repräsentationstrakt mit dem ‘Claviersalon’ (für Konzerte und Ausstellungsraum für 150 Klaviere), schließlich der Verlängerung des Fabriksgebäudes und der Errichtung eines Kesselhauses, 1901.” (Zitat Achleitner). Gemäß Wertanalyse Wehdorn/Georgeacopol im Buch “Baudenkmäler der Technik und Industrie in Österreich” ist die Klavierfabrik “eine stadttypische Industrieanlage mit hohen geschichtlichen und baukünstlerischen Werten”.
Es wird vorgeschlagen die Schutzzone um die hinteren Fabrikstrakte der ehem. Klavierfabrik Parttart (später Luner) zu erweitern, da diese auch noch weitgehend original erhalten sind und einen wichtigen Teil der gesamten Anlage bilden (und vermutlich auch als Gesamtes unter Denkmalschutz stehen, da auf Grundstücksnummer 731/8 liegend). Um den Erhalt zu sichern wird empfohlen die Gebäude bestandsgenau sowohl bezüglich der Höhenentwicklung, als auch hinsichtlich der bebaubaren Fläche zu widmen (im aktuellen Planentwurf keineswegs der Fall).
Endresstraße 20: “Ehem. Bahnhof Atzgersdorf-Mauer der Südbahn (ehem. Wien-Gloggnitzer-Bahn), erb. 1840 von Wilhelm Flattich. Freistehendes 2geschossiges Aufnahmsgebäude aus Quadermauerwerk mit Ortsteingliederung, seichter Mittelrisalit mit Frontispiz, bahnseitig (heute vermauerte) hohe Rundbogenöffnungen” (Zitat: Dehio).
Dieses erhaltenswerte Gebäude ist als Teilfläche eines Verkehrsbandes gewidmet. Zu prüfen wäre, ob die Herausnahme des Gebäudes aus dieser Widmung und der Ausweisung einer bebaubaren Fläche, die bestandsgenau gewidmet wird, im Sinne der besseren Erhaltung von Vorteil wäre.
Es wird bedauert, dass im Jänner 2016 – während der Bausperre – die Villa in der Scherbangasse 7, die “ursprünglich identittäststiftend eine bauliche Verbindung zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft darstellen hätte sollen (…) auf Grund von schweren baulichen Mängeln” nicht erhalten wurde (Zitat Erläuterungsbericht S.11; Fotos siehe: https://www.flickr.com/photos/id_ejs/sets/72157650414052085/).
Abschließend wird vorgeschlagen bei Festsetzung einer Schutzzone zusätzlich die entsprechenden Architekturteile in einen Katalog nach § 7 (4) Wiener Bauordnung aufzunehmen, sodass auch diese einen rechtsverbindlichen Bestandteil des Bebauungsplanes bilden.
Fotos: Markus Landerer, Initiative DenkmalschutzRückfragehinweis:
Markus Landerer und Claus Süss
mobil: 0699 / 1024 4216 und 0676 / 740 43 27
Verein Initiative Denkmalschutz
www.initiative-denkmalschutz.at
Quellen:
- Eva Berger, Historische Gärten Österreichs, Garten- und Parkanlagen von der Renaissance bis um 1930, Band 3: Wien, Wien-Köln-Weimar 2004, S.522f.
- Dehio-Handbuch, Die Kunstdenkmäler Österreichs, Wien X. Bis XIX. Und XXI. Bis XXIII. Bezirk, Topographisches Denkmälerinventar, herausgegeben vom Bundesdenkmalamt, Wien 1996, S. 712
- Manfred Wehdorn, Ute Georgeacopol-Winischhofer, Die Baudenkmäler der Technik und Industrie, Band 1: Wien, Niederösterreich, Burgenland, Wien-Köln-Graz 1984, S. 126f.
- Friedrich Achleitner, Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert, Band III/3 Wien: 19.-23. Bezirk, St. Pölten und Salzburg 2010, S. 454