Linzer Eisenbahnbrücke – Denkmalschutzaufhebung durch Bundesdenkmalamt, 9. 8. 2013
Initiative Denkmalschutz zu Denkmalschutzaufhebung Linzer Eisenbahnbrücke:
Landeshauptmann Pühringer ist aufgefordert die Entscheidung des Bundesdenkmalamtes zu beeinspruchen!
Oberösterreich, Linz – Nach dem gestrigen Bekanntwerden, dass der Denkmalschutz für die Linzer Eisenbahnbrücke aufgehoben werden soll, ist nun der Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer am Zug und aufgefordert die 14tägige Einspruchfrist gegen den Bescheid des Bundesdenkmalamtes zu nutzen und gegen diesen zu berufen. Von allen anderen Parteien wie die ÖBB, die die Denkmalschutzaufhebung betreiben, und die Stadt Linz, die sich öffentlich gegen die Erhaltung ausgesprochen hat, sind wohl keine Einsprüche zu erwarten. Besondere Brisanz kommt in diesem Zusammenhang der Stellungnahme des Denkmalbeirates zu, der die Sachlage zu prüfen hatte. Dieses Gremium ist vor einer Bewilligung zur Zerstörung eines Denkmals zu hören (§ 5 Abs. 5 Denkmalschutzgesetz/DMSG).
Inititiative Denkmalschutz fordert Transparenz und Offenlegung des Denkmalbeiratsprotokolls
Unser Verein fordert die sachliche, öffentliche Diskussion über die Erhaltungsmöglichkeit der Linzer Eisenbahnbrücke, insbesondere da die Erhaltung von Kulturgut “im öffentlichen Interesse” gelegen ist. Gemäß Verordnung über den Denkmalbeirat (BGBl. II Nr. 572/2003) kann der Denkmalbeiratsbericht veröffentlicht werden (§ 13 Abs. 3). Wenn es stimmt, dass der Denkmalbeirat für die Erhaltung der Linzer Eisenbahnbrücke eingetreten ist, dann hat die Öffentlichkeit ein Recht zu erfahren, wieso das Bundesdenkmalamt (BDA) hier zu einer anderen Entscheidung gekommen ist, insbesondere als dem Denkmalbeirat eine wesentliche Hilfestellung zur Entscheidungsfindung des Denkmalamtes zukommt. Absolute Transparenz ist das Gebot der Stunde.
Initiative Denkmalschutz fordert Parteistellung für NGOs
Es ist untragbar, dass beim Denkmalschutzverfahren nur Eigentümer, Bürgermeister und Landeshauptmann Parteistellung zukommt. Somit könnten ohne Einspruch inhaltlich rechtswidrige Bescheide problemlos in Rechtskraft erwachsen, wie z.B. 2007 bei der Aufhebung des Denkmalschutzes Seebahnhof Gmunden nachweislich geschehen, nachdem alle Parteien für den Abriss interveniert hatten und folglich kein Interesse zeigten diesen zu beeinspruchen. Die Initiative Denkmalschutz fordert hier schon seit langem eine Änderung der Gesetzeslage, damit Vereine wie “Rettet die Eisenbahnbrücke” oder die Initiative Denkmalschutz als Teil der Öffentlichkeit Parteistellung erlangen um solche Vorgänge ausschließen zu können.
Schwere Versäumnisse bei Brückenpflege – Denkmalschutzaufhebung als “Belohnung”?
Darf es sein, dass durch Unterlassung entsprechender Pflege- und Wartungsmaßnahmen des Brückenbauwerks Korrosionsschäden am Tragwerk enstehen, die dann die Denkmalschutzaufhebung zur Folge haben? So wären richtigerweise die Verantwortlichen der unterlassenen Pflegemaßnahmen zur Rechenschaft zu ziehen anstatt quasi als “Belohnung” die Denkmalschutzaufhebung auszusprechen. Schon im Unterschutzstellungsbescheid wird seitens des Bundesdenkmalamtes betont: “Zum angeführten korrosionsbedingten Verfall kann bemerkt werden, dass regelmäßig durchgeführte Sanierungsarbeiten einen langfristigen Bestand historischer Brücken sichern.” (BDA-Bescheid vom 2.10.2003, Seite 5). Warum sind diese nicht erfolgt?
Denkmalfonds zur Finanzierung der Brückensanierung – Politik ist gefordert
Die Sanierung der Eisenbahnbrücke erfordert dem Vernehmen nach auf Grund der unterlassenen Pflege größere Sanierungsmaßnahmen. Auch dafür wurde neben den üblichen Förderungsmöglichkeiten des Bundesdenkmalamtes eigens ein “Denkmalfonds” eingerichtet, der “insbesondere zur Rettung von unter Denkmalschutz stehenden (…) Objekten, die unmittelbar vom Verfall (…) bedroht sind”, zur Anwendung kommt (§ 33 Abs. 1 DMSG). Die Initiative Denkmalschutz fordert daher die Heranziehung des Denkmalfonds für die Rettung der Eisenbahnbrücke. Auch für die Ausschüttung dieser Sondermittel wäre im Vorfeld der Denkmalbeirat zu hören (§ 33 Abs. 4 DMSG). Wurde der Denkmalbeirat überhaupt aufgefordert diese Frage zu behandeln? – Wenn die Politik es will, wäre es ein Leichtes die Brücke zu retten.
Die Linzer Eisenbahnbrücke muss als einmaliges technisches Denkmal erhalten bleiben
Die Linzer Eisenbahnbrücke wurde 1897 bis 1900 von der Wiener Firma E. Gärtner erbaut (Entwurf Hofschlosser Anton Biró) und “repräsentiert mit ihrer eindrucksvollen Gesamtlänge von ca. 375 m und ihrer Bauweise als genietete Eisenfachwerkkonstruktion einen bereits selten gewordenen typischen Vertreter des Eisenbahnbrückenbaues in Österreich” (BDA-Bescheid, S.6). Die Brücke gilt als letztes authentische Dokument historischer Eisenbahnbrücken über die Donau in Österreich und ist weitgehend in originalgetreuer Bausubstanz erhalten. Gemäß BDA-Unterschutzstellungsbescheid (S.6) besitzt die Brücke “bemerkenswerte ästhetische Qualitäten” und “verfügt über besonderen technik- und wirtschaftsgeschichtlichen Stellenwert für die Eisenbahngeschichte und die Geschichte des Stahlbrückenbaues in Österreich”. Univ. Prof. Dr. Gerhard Stadler vom Institut für Denkmalpflege an der Technischen Universität Wien kommt daher richtigerweise zum Schluss, dem sich die Initiative Denkmalschutz nur anschließen kann: “Der kulturgeschichtliche Wert der Eisenbahnbrücke steht außer Zweifel, sie gilt weit über die Grenzen des Landes hinaus als hochrangiges Zeugnis der Ingenieurbaukunst. Der von den Gemeindepolitikern beschlossene Abbruch identifiziert die Stadtpolitik als Wiederholungstäterin und blamiert die ehemalige Kulturhauptstadt Europas vor aller Welt, ist sie doch Sitz eines international renommierten Unternehmens, das europaweit historische Eisen- und Stahlkonstruktionen saniert.”
Rückfragehinweis:
Quellen:
- Unterschutzstellungsbescheid des Bundesdenkmalamtes: 2. Oktober 2003, GZ: 11.279/7/2003 sowie Bescheid vom 14. November 2003, GZ: 21.200/8-IV/3/2003
- Ao. Univ. Prof. Dr. Gerhard A. Stadler, Die Linzer Eisenbahnbrücke, Zeugnis der Ingenieurbaukunst, in: Zeitschrift Denkma[i]l, Nachrichten der Initiative Denkmalschutz, Nr. 13 / Februar-Mai 2013, S.42f. (siehe: http://www.idms.at/index.php/zeitschrift-denkmail)
- Friedrich Achleitner, Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert, Band 1: Oberösterreich, Salzburg, Tirol, Vorarlberg, Salzburg und Wien, 1980, S. 206
- Markus Landerer, Die Zerstörung des Seebahnhofs Gmunden in Oberösterreich, Chronologie eines Politskandals, in: Zeitschrift Denkma[i]l, Nachrichten der Initiative Denkmalschutz, Nr. 8 / Juni-Juli 2011, S.15-19 (vollständiger Artikel siehe: www.idms.at/images/IDMS/z_denkmail/Denkmail_Nr_08_v13__0117085.pdf )
- Das Denkmalschutzgesetz (DMSG): http://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10009184
- Der Denkmalbeirat: http://www.bda.at/bda/126/0/5436/texte/Denkmalbeirat
- Die Verordnung zum Denkmalbeirat (BGBl. II Nr. 572/2003): www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblPdf/2003_572_2/2003_572_2.pdf
Link:
Verein Rettet die Linzer Eisenbahnbrücke: www.rettetdieeisenbahnbruecke.at
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