1220_Deinleingasse 3

Stellungnahme zum Planentwurf Stadlauer Malzfabrik

Stellungnahme zum Planentwurf 7956 im 22. Bezirk, Stadlauer Malzfabrik

Für das Gebiet zwischen Erzherzog-Karl-Straße, Linienzug 1-5 (ÖBB Ostbahn), Linienzug 5-6 (Kaisermühlenstraße, Neuhaufenstraße), Neuhaufenstraße, Donaustadtstraße, Lange Allee, Rabenlechnerweg, Schreinerweg und Polgarstraße im 22. Bezirk, Katastralgemeinde Stadlau und Hirschstetten

gibt der Verein Initiative Denkmalschutz folgende Stellungnahme ab:

Beschreibung und Bedeutung der historischen Gebäude im Plangebiet

“Im Plangebiet befindet sich noch historische Bausubstanz des traditionsreichen Betriebes Kathreiner Malzkaffee, der heutigen Stadlauer Malzfabrik.” (Zitat Erläuterungsbericht S. 2). Die Stadlauer Malzfabrik AG (STAMAG) in der Smolagasse 1 ist “ein in der Grundstruktur immer noch einheitliches Industrieensemble aus der Zeit um 1900” und bezieht daraus seine Bedeutung (Zitat Achleitner). Die Stadlauer Malzfabrik wurde als Erste Wiener Exportmalzfabrik J. Hauser & M. Sobotka 1884 gegründet und 1884-1886 von Josef Pflugmacher erbaut (Entwurf und Ausführung) und wurde 1889 nach Brand wiederhergestellt und in der Folge mehrfach umgebaut und erweitert. “Die Bauweise ist eine schlichte Mauerstruktur mit Pfeilervorlagen, wobei die Felder geputzt und die ‘Lisenen’ und Segmentbögen der Fenster in Sichtziegel ausfgeführt wurden. Das ergibt eine kräftige, ruhige Ordnung der Objekte.” (Achleitner). Im Zentrum der weitläufigen Anlage liegt die Mälzerei, nördl. davon Wohn- und Verwaltungsbauten, südl. Lager, Backwarenfabrik und Werkstätten (die tonnengewölbten Werkstätten mit ihren zarten, eisernen Dachkonstruktionen, erbaut 1906 (vgl. Foto Achleitner, S.357), wurden erst vor wenigen Tagen, am 18. Jänner, durch einen Brand stark beschädigt). Das Verwaltungsgebäude, erbaut 1894, mit klassizierender Gliederung und Expedit (erbaut um 1890, Halle mit breitem Treppengiebel) gruppieren sich um einen repräsentativen Platz.

Im Südosten in der Deinleingasse 3 liegt die später erworbene so genannte “Burg” (ursprünglich zur Zuckerlfabrik Küfferle gehörig), ehem. Kaffeemittelfabrik, erbaut um 1890, als Backsteinbau in gotisierenden Formen. Sie firmiert heute unter “Kunstfabrik” und wird für Ausstellungen und Seminare genutzt (vgl. http://www.kunstfabrik-wien.at).

Im nördlichen Bereich an der Wartenslebengasse 3-5 liegt die ehem. Kathreiner Malzfabrik (Malzkaffeefabrik), die 1911 bis 1913 erbaut wurde. Der vor kurzem bis zur Unkenntlichkeit veränderte Bau wird im “Achleitner” (S.357) noch als “besonders gutes Beispiel dieser Haltung” klassifziert (dass der moderne Industriebau als Architekturaufgabe gesehen wurde, vgl. auch Foto ebenda).

Nördlich der Wartenslebengasse, in der Lange Allee 11 (Ecke Rabenlechnerweg) befindet sich eine “gründerzeitliche Villa, die ursprünglich das Herrschaftshaus der Kathreiner Kaffeefabrik war und renoviert wurde.” (Erläuterungsbericht S.3). Diese Villa wurde vermutlich zeitgleich mit der Kathreiner Malzfabrik in der Wartenslebengasse erbaut, also 1911 bis 1913.

Schlussfolgerungen für den Planentwurf

Grundsätzlich wird im Sinne der Erhaltung des örtlichen Stadtbildes und der Altstadterhaltung, also zur Gewährleistung des Bestandes, eine bestandsgenaue Widmung für die historischen Objekte im Plangebiet sowohl in der Höhenentwicklung, als auch hinsichtlich der bebaubaren Fläche vorgeschlagen. Dadurch wird auch am ehesten die Erhaltung der historischen Substanz gewährleistet und der Anreiz für Abbruch und Neubau vermieden (neben der Festsetzung einer Schutzzone).

Auf Grund der Bedeutung des historischen Bestandes wird vorgeschlagen, die so genannte “Kunstfabrik” in der Deinleingasse 3 bestandsgenau sowohl in Bezug auf die Höhenentwicklung, als auch hinsichtlich der bebaubaren Fläche zu widmen (derzeit ist nur eine allgemeine Beschränkung der bebaubaren Fläche ohne Baufluchtlinien vorgesehen). Im Erläuterungsbericht (S.11) werden zwar bestandsorientierte Widmungen vorgesehen, diese sollen nicht für die dort erwähnte Kunstfabrik, sondern nur für die Höhere Technische Bundeslehranstalt als auch für die Parkplätze gelten. Die Kunstfabrik steht nicht – wie sonst keine einzige Fabrik im 21. und 22. Bezirk (vgl. Denkmalliste) – unter Denkmalschutz und könnte somit jederzeit problemlos abgerissen werden.

Die im Planentwurf vorgeschlagene Schutzzone in der Stolzenthalergassemöge auch um die frühhistoristischen Häuser Nr. 6-10 erweitert werden. Stolzenthalergasse 6 erbaut 1866, Stolzenthalergasse 8 erbaut 1858, Stolzenthalergasse 10 erbaut 1859 (Fassadierung um 1910). Darin Aufnahme in die Schutzzone finden soll auch der so genannte Luigard-Hof in der Pfeilgasse 35. Dieser Hof wurde 1909 von Johann Miedel erbaut. Das Erdgeschoß besitzt verkachelte Pilaster. Weiters zeichnet sich das Haus durch einen reichen Empiredekor und figurale Reliefs aus. Über dem Portal Sandsteinfiguren Gutenberg und Senefelder von H. Scherz, Traufgitter, bemerkenswertes verkacheltes Foyer, originale Hängelampe.

Für die gründerzeitliche Villa in der Lange Allee 11 sollen sowohl die Baufluchtlinien als auch die Höhe dem Bestand exakt angepasst werden (derzeit im Planentwurf ist an dieser Ecke die Fortführung der Wohnhausanlage und damit die Zerstörung der Villa vorgesehen, vgl. Erläuterungsbericht S.13: “soll stärker auf die städtebauliche Situation eingegangen werden”).

Auch der Verwaltungskomplex der Malzfabrik in der Smolagasse 1 soll exakt dem Bestand angepasst werden. Im Erläuterungsbericht (S.12) wird dieser Verwaltungskomplex als “historisch, interessant” bezeichnet und soll “in seinem Bestand gesichert werden”, doch die in diesem Planentwurf vorgesehene Widmung (GB BG III g [70%] ) gewährleistet dies keineswegs. Hier bedarf es für den Veraltungskomplex eine bestandsgenaue Widmung (betreffend Höhe und bebaubare Fläche)..

Zu prüfen wäre ebenso, in wieweit es gilt weitere Baulichkeiten der Malzfabrik, wie z.B. Magazingebäude etc. zu schützen (neben bestandsgenauer Widmung auch mittels Ausweisung einer Schutzzone). So sind nach Achleitner beispielsweise die heute zum Teil nicht mehr genutzten Tennen- und Keimkästenböden mit beachtlichen Zimmermannskonstruktionen sowie die in Mühlenbautechnik errichteten Silos aus Holz “baulich von Interesse”.

Mit freundlichen Grüßen
Markus Landerer und Claus Süss
im Namen des Vorstandes
Verein Initiative Denkmalschutz
Streichergasse 5/12, 1030 Wien (ZVR-Nr.: 049832110)
www.initiative-denkmalschutz.at
mobil: 0699 1024 4216

Beilagen:

Fotos 2-5: Initiative Denkmalschutz

 

Quellen:
  • Dehio-Handbuch, Die Kunstdenkmäler Österreichs, Topographisches Denkmälerinventar (Hrsg. Bundesdenkmalamt), Band: Wien X. bis XIX. und XXI. Bis XXIII. Bezirk, Wien, 1996, S. 674ff.
  • Friedrich Achleitner, Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert, Band III/3: Wien 19.-23. Bezirk, St. Pölten – Salzburg, 2010, S.356f.
  • Kunstfabrik Wien, www.kunstfabrik-wien.at
  • Denkmalliste des Bundesdenkmalamtes, Stand: Mai 2011, siehe: http://www.bda.at/downloads/1928/Denkmalliste

 


An die

Magistratsabteilung 21 A
Rathausstraße 14-16
1010 Wien

ergeht in Kopie an:

  • die Bezirksvorstehung Donaustadt
  • an die Mitglieder des Bauausschusses bzw. an die politischen Parteien im 22. Bezirk